Louvre Abu Dhabi –
das Museum im Meer


Während man in europäischen Museen ganze Säle mit nur italienischen oder niederländischen Meistern findet, ist hier in Abu Dhabi alles ganz anders angeordnet. Hier geht es um Zeitepochen, nicht um Regionen. So sieht man dann in einem Raum tausendjährige Werke versammelt, die vielleicht in Griechenland, Persien,
Japan oder in China entstanden sind.

 

Der Louvre Adu Dhabi im Meer – aus der
Luft gesehen (Foto©getyourguide.de)

 

 

Damit will Abu Dhabi dokumentieren, dass «sein»
Louvre Kunstschaffen des ganzen Planeten repräsentiert. Für den Besucher ist diese spezielle Anordnung durchaus interessant, aber etwas gewöhnungsbedürftig.

 

Allerdings stehen die Kunstwerke hier eh nicht im Vordergrund – die Hauptattraktion ist die prestige-trächtige spektakuläre «Hülle» des französischen Stararchitekten Jean Nouvel.

 

«Die Leute sollen wegen des Bauwerkes kommen und
allenfalls in zweiter Linie wegen der Kunst». Dieser Satz stammt zwar nicht von Jean Nouvel, aber würde auch hier passen. Gesagt hat das der Architekt, der in Bilbao ein aussergewöhnliches Museum geschaffen hat,
Frank Gehry. Mehr >Guggenheim Museum.


 

Die eindrückliche Dachkonstruktion von

innen gesehen.

 

In den weissen Kuben sind die
Kunstwerke untergebracht.

 

 

Die Sammlung des Louvre Abu Dhabi ist breit gefächert und global ausgerichtet. Sie fokussiert auf Kulturgüter der gesamten Menschheitsgeschichte und umfasst alle Kategorien von Kunst. Von archäologischen Funden über Skulpturen und Gemälden bis zu zeitgenössischen Installationen aus aller Welt.

 

Das kommt gut an. Die Besucherzahlen des Louvre
Abu Dhabi sind seit dem Start 2017 beachtlich hoch. 2023 sollen es 1.2 Millionen Eintritte gewesen sein (zum Vergleich: Kunsthaus Zürich rund 500'000 Eintritte). An das Pariser Original kommt die Abu Dhabi-«Kopie» allerdings noch nicht heran: hier waren es im Jahr 2023 stolze 8.9 Millionen Eintritte.

 

 

 

 

Wechselausstellungen

 

Neben der permanten Sammlung zeigt der Louvre
Abu Dhabi auch regelmässig Ausstellungen in Kooperation mit französischen und anderen Museen. Im Winter 2024/2025 fand eine interessante Präsentation unter dem Titel «Post-Impressionism beyond Appearances» statt. Dabei waren
ikonische Meisterwerke zu sehen: von Vincent van Gogh, Paul Cézanne, Paul Gauguin, Toulouse-Lautrec und vielen anderen. Hauptpartner war das Musée d'Orsay Paris.

 

 

Paul Gauguin (1848-1903). Arearea, 1892.

Musée d'Orsay Paris.

 

 

Vincent van Gogh (1853-1890). La chambre
de van Gogh à Arles, 1889. Musée d'Orsay Paris.

 

 

Paul Cézanne (1839-1906). Baigneurs, 1890.
Musée d'Orsay Paris.

 

 

 

>mehr über die Ausstellung in Abu Dhabi
«Post-Impressionism beyond Appearances»
2024/2025.

 

 

 

>Reisereport Abu Dhabi 2025

 

>Reisereport Persischer Golf 2025

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jean Nouvel, der Architekt des Louvre Abu Dhabi.

 

Eine künstliche Museumsinsel. Hier sind auch noch ein Guggenheim-Museum, ein National- und ein Naturhistorisches Museum im Bau.

 

Ein architektonisches Meisterwerk

 

Für den Louvre Abu Dhabi zeichnet der französische Architekt Jean Nouvel (1945) verantwortlich. Auf der künstlich aufgeschütteten Insel Saadiyat (was «Insel des Glücks» heisst) konnte er seiner Fantasie freien Lauf lassen – die Kosten spielten keine Rolle, Geld war reichlich vorhanden. Nouvel entschied sich für ein spektakuläres Konstrukt, das im Meer steht. Ganz schön gewagt für ein Kunstmuseum.

 

Die Bauarbeiten begannen 2009. 2017 konnte das Werk in Anwesenheit des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des Kronprinzen von Abu Dhabi, Mohamed bin Zayed Al Nahyan eröffnet werden. Die reinen Baukosten sollen sich etwa auf 600 Mio Euro belaufen haben.


Jean Nouvel kennt man auch in der Schweiz. Hier entwarf er das Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL), das 1998 eröffnet wurde. Nouvel zeichnet auch für das Konzerthaus Kopenhagen, die Oper von Lyon sowie den Erweiterungsbau des «Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía» verantwortlich.

 

 

 

 

Geometrische Elemente in acht Schichten, innen Aluminium, aussen Edelstahl.

 

Highlight: die silberne 180-Meter-Kuppel


Das Herzstück des Museums ist eine riesige silberne Kuppel, die zu schweben scheint. Das tut sie aber nicht, dafür wäre sie etwas gar schwer: sie soll 7'500 Tonnen wiegen – soviel wie der Eiffelturm! Sie ruht auf nur vier Pfeilern.

 

Die komplexe Struktur filtert das Sonnenlicht und erzeugt eine Art «Lichtregen» – inspiriert von Palmenblättern. Wie diese mildert sie das grelle Sonnenlicht und projiziert ein gesprenkeltes Muster auf den Boden. Die vier äusseren Schichten bestehen aus Edelstahl, die vier inneren aus Aluminium. Für die Stahlkonstruktion war eine österreichische Firma zuständig. Vorgefertigte Teile von je 65 Tonnen wurden mithilfe eines Raupenkrans montiert und verschraubt.

 

Und was passiert, wenn es regnet? Ein raffiniertes Lamellensystem soll dafür sorgen, dass allfälliger Regen nicht durch das Drach dringt.

 

 

Die Kunstwerke befinden sich in
55 weissen Kuben, die teilweise im Meer stehen.

 

Keine Angst vor dem Meerwasser?

 

Die Frage scheint berechtigt, denn einige der weissen Kuben, in denen die Kunstwerke untergebracht sind, stehen direkt im Meer. Aber man hat vorgesorgt. Um ein Eindringen von Wasser zu verhindern, wurden monolithische Wannen aus wasserundurchlässigem Beton verwendet. Zudem hat man den Beton noch zusätzlich mit wasserdichten Membranen versehen. Ein effizientes Drainagesystem soll dazu beitragen, dass sich in den Räumen kein Wasser sammeln kann. Klingt in der Theorie gut – ob es in der Praxis funktioniert, wird die Zukunft zeigen.

 

Sheikh Mohamed bin Zayed al Nahyan, Herrscher von Abu Dhabi seit 2022. Bei den Verhandlungen mit Paris war er noch Kronprinz.

 

 

Louvre Paris

 

 

 

Der Vertrag mit dem Louvre Paris

 

Die Idee, in der arabischen Wüste Kunst- und Kulturmuseen zu errichten, stammt aus den frühen 2000er-Jahren. Eine Kooperation mit einem renommierten europäischen Museum wäre ideal, fand der damit beauftragte Kronprinz. Und weil nur das Beste gut genug ist, wandte man sich an den Pariser Louvre, das berühmteste Museum der Welt.

 

Die Verhandlungen mit Frankreich dauerten Jahre und waren in Paris nicht unbestritten. Schliesslich konnte der Vertrag zwischen dem Louvre und Abu Dhabi 2007 abgeschlossen werden.

 

Die Vereinbarung legt fest, dass Abu Dhabi bis ins
Jahr 2047 als «einziges Museum der Welt» den Namen Louvre benützen darf, neben Paris natürlich. Für diese Namensnutzung zahlte Abu Dhabi 400 Millionen Euro.

 

Ferner wurde vereinbart, dass Paris Kunstwerke für zehn Jahre zur Verfügung stellt (190 Millionen Euro) und während fünfzehn Jahren Sonderausstellungen in Abu Dhabi organisiert (75 Millionen Euro). Zudem bietet der Louvre Paris Managementberatung und künstlerische Unterstützung. Die Gesamtkosten für dieses Prestigeprojekt sollen sich bis 2037 auf 974 Millionen Euro belaufen – also auf rund eine Milliarde.

 

 

Die spezielle Sammlungsanordnung

 

Übergreifende Präsentation nach Zeitepochen

 

Die Kunstwerke im Louvre Abu Dhabi sind nicht nach Herkunft oder Ländern geordnet, sondern nach Epochen. So kommt es dann, dass in einem Raum Werke der halben Welt zusammen ausgestellt sind – von China bis Peru, von Italien bis Japan.

 

 

 

 

Das Museum nennt das «interkulturelle Interaktionen». Es soll Geschichten menschlicher Kreativität erzählen, die über einzelne Kulturen oder Zivilisationen, Zeiten oder Orte hinausgehen. Die Schatzsammlung des Louvre Abu Dhabi umfasst Kunstwerke und Artefakte aus der gesamten Menschheitsgeschichte und aus der ganzen Welt. Dazu gehören antike archäologische Funde, Gemälde und Skulpturen aus der Renaissance über die Moderne bis hin zu zeitgenössischen Installationen.

 

 

Highlights in der Sammlung Louvre Abu Dhabi

 

Giovanni Bellini (1430-1516). Madonna mit Kind, 1480-1485. Louvre Abu Dhabi.

 

Giovanni Bellini – Meister der Renaissance

 

Die «Madonna mit Kind» von Bellini wurde schon 2009 angekauft – also acht Jahre vor der Eröffnung des Museums. Sie gehört deshalb zu den frühen Erwerbungen. Es ist ein bedeutendes Werk der venezianischen Renaissance und ein Highlight in der Sammlung des Louvre Abu Dhabi.

 

Vor diesem Ankauf befand es sich in einer Privatsammlung und ist auch als «Wittgenstein Madonna» bekannt. Zu welchem Preis das über fünfhundert Jahre alte Renaissancegemälde erworben wurde, ist nicht bekannt.

 

>mehr über Giovanni Bellini

 

 

Auguste Rodin (1840-1917). Monument à Victor Hugo, 1900. Louvre Abu Dhabi.

 

Auguste Rodins Monument à Victor Hugo

 

Und wie kam diese berühmte Skulptur nach Abu Dhabi? Vom ersten Bronzeguss des Monuments (1926) existierten nur zwei: Einer im Musée Rodin und einer in Philadelphia. Weitere wurden später gefertigt, für Museen in Japan und Südkorea. Für Abu Dhabi goss man eine neue Kopie, und zwar im Jahr 2012, also noch vor der Eröffnung des Museums 2017. Dieser Abguss stammt vermutlich direkt vom Musée Rodin in Paris, denn dieses besitzt die exklusiven Rechte für posthume Abgüsse.

 

>mehr über Auguste Rodin

 

 

Pierre-Auguste Renoir (1841-1919). Die Tasse Schokolade, 1877-78. Louvre Abu Dhabi.

 

Renoir und die französische Moderne

 

Natürlich gehört auch ein Renoir in ein Museum, das Ansprüche an sich stellt. Dieses Gemälde kaufte der Louvre Abu Dhabi erst 2022. Es ist eine bedeutende Neuerwerbung und wurde zum ersten Mal in der Ausstellung «Pathways to Modernity» präsentiert, die im Winter 2022/2023 stattfand.

 

Vor dem Ankauf durch den Louvre Abu Dhabi war das Gemälde im Besitz eines Privatsammlers aus Philadelphia. Kaufpreis unbekannt.

 

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Pablo Picasso
(1881-1973). Femme assise (Olga), 1923.
Louvre Abu Dhabi.

 

Picasso – ein absolutes Must

 

Kaum vorstellbar, dass ein Louvre – auch wenn er auf arabischem Boden steht – ohne Picasso auskommt. Abu Dhabi besitzt bereits mehrere Picassos. Eines der echten Highlights ist die «Femme assise (Olga)» aus dem Jahr 1923. Dies auch deshalb, weil es eines der wenigen Werke ist, die der Künstler in neoklassizistischem Stil gemalt hat. Viele erkennen es auf den ersten Blick gar nicht als Picasso, weil der Jahrhundertkünstler eher für seine «verzerrten» Bilder bekannt ist. Das Gemälde zeigt seine Gattin Olga Khokhlova. In diesem stellt er sie wie eine griechische Statue dar. In einer späteren Phase, als das Eheglück nicht mehr so toll war, malt er seine Olga nur noch heulend, verzerrt und hässlich.

 

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Werke in der Sammlung Louvre Abu Dhabi

>Louvre Paris