Giovanni Bellini (1430-1516)


Er enstammt einer venezianischen Künstlerfamilie und wird der Berühmteste des Clans. Sein Vater, Jacopo Bellini, gilt als einer der Begründer der venezianischen Renaissance – von ihm sind nur noch wenige Werke erhalten. Giovannis jüngerer Bruder, Gentile, steht als Maler in offiziellen Diensten der Republik Venedig und macht sich einen Namen mit Venedig-Veduten.

 

Und Giovanni? Seine Lieblingsmotive sind Madonnen mit dem Jesuskind, denen er buchstäblich Leben einhaucht. Zu Beginn seiner Malerkarriere stellt er eher kleinformatige Bilder mit biblischen Szenen her, später dann eindrückliche Altarbilder, die ihm zu Ruhm verhelfen.

 

Von Giovanni Bellinis Leben ist nur wenig überliefert. In die Malerei führt ihn sein Vater Jacobo ein. Dann lernt er den Malstil seines Schwagers >Andrea Mantegna kennen, von dem er sich inspirieren lässt.

 

Biblische Werke sind zu Bellinis Lebenszeit stark gefragt. Zu seinen Auftraggebern gehören die Markgrafen >Gonzaga von Mantua und Isabella d'Este, die Tochter des Herzogs von Ferrara. Um der hohen Nachfrage nachzukommen, betreiben Giovanni und Gentile in Venedig eine grosse Werkstatt, in der sie Gemälde «in Serie» herstellen und nebenbei Schüler ausbilden. Zu ihnen gehören (heutige) Grössen wie >Tizian und >Giorgione.

Die meiste Zeit seines Lebens arbeitet Bellini in seiner Heimatstadt Venedig. Von der Stadt erhält er gute öffentliche Aufträge, so auch für Wandbemalungen im Maggior Consiglio, dem Sitzungssaal des Ältestenrates von Venedig. 1483 ernennt ihn die Republik Venedig zum offiziellen Maler.

 

 

thronende-madonna

Giovanni Bellini (1430-1516). Das Frari-
Triptychon in der Kirche Santa Maria Gloriosa
dei Frari, Venedig. Entstanden 1488.

 

 

Zu Bellinis Hauptwerken zählt die «Thronende Madonna mit den vier Evangelisten» in der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari in Venedig.
>Albrecht Dürer soll von diesem Werk so angetan gewesen sein, dass er es als Inspiration für sein Gemälde «Vier Apostel» verwendet hat. Zudem lobt er Bellini in einem Brief als «den besten Maler».

 

Viele von Bellinis Werken werden 1577 bei einem Brand im Dogenpalast Opfer der Flammen. Und 1993 wird eine Madonna mit Kind aus dem Jahr 1480 aus der Kirche Madonna dell’Orto gestohlen. Sie ist bis heute nicht mehr aufgetaucht.

 

Giovanni Bellini stirbt am 29. November 1516 im Alter von 86 Jahren in Venedig.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Giovanni Bellini (1430-1516).

Madonna con Bambino, 1480-90.

Accademia Carrara.

 

 

 

 

 

Venezianische Künstler 16. Jht.

 

 

>Giovanni Bellini (1430-1516)

 

>Giorgione (1478-1510)

 

>Jacopo Palma d.Ä. (1480-1528)

 

>Tizian (1490-1576)

 

>Paris Bordone (1500-1571)

 

>Jacopo Tintoretto (1518-1594)

 

>Paolo Veronese (1528-1588)

 

 

 

 

 

jesus-am-ölberg

Giovanni Bellini (1430-1516). Christus am Ölberg, 1459-65. National Gallery London.

 

 

mantegna

Andrea Mantegna (1431-1506). Christus am Ölberg, 1455. National Gallery London.

 

 

 

Neue Trends in der Renaissance-Malerei

 

Giovanni Bellini (und Andrea Mantegna) gelten als prägende Künstler der frühen Renaissance. Sie setzen neue Trends vor allem in biblischen Motiven. Ab jetzt bildet man nicht mehr nur heilige Figuren ab, sondern verpackt diese in Handlungen, lässt sie Emotionen zeigen.

 

Neu sind auch Hintergrund-Landschaften in biblischen Szenen, die mit dem Ort der Handlung nichts zu tun haben müssen und in beliebige Länder verschoben werden. Wie im Beispiel von Mantegnas Werk «Christus am Ölberg», wo sich der Künstler die Freiheit nimmt, eine europäische Fantasieburg hinter den Ölberg zu stellen.

 

Der aus Padua stammende Andrea Mantegna (1431–1506) heiratet 1453 in die venezianische Familie der Bellini ein. Seine Ehefrau ist Bellinis Schwester Nicolosia – er ist somit ein Schwager Bellinis. Ein geschickter Schachzug Mantegnas, denn damit erschliesst er sich auch den Kreis zu venezianischen Auftraggebern.

 

 

>mehr über Andrea Mantegna

 

 

 

pieta

Giovanni Bellini (1430-1516). La Pietà (o Cristo morto sorretto da Maria e Giovanni), 1465. Pinacoteca die Brera, Milano.

 

Gefühle gross geschrieben

 

Bei dieser emotional gehaltenen Darstellung der Pietà lässt sich Bellini von der flämischen Malerei inspirieren, die er bei Mantegna in Padua kennen gelernt hat: Er ziert sein biblisches Gemälde mit einer schriftlichen Anmerkung. Die Marmorplatte, auf der die Hand Christi ruht, enthält einen Text in lateinischen Lettern: «Diese geschwollenen Augen, sie werden stöhnen. Diese Arbeit von Giovanni Bellini wird Tränen fliessen lassen».

 

Ob das für den Fall getextet wurde, dass jemand nicht mitbekommen hat, wie hoch dramatisch diese Trauerszene ist?

 

 

 

madonna_alberetti

Giovanni Bellini (1430-1516). Madonna degli Alberetti, 1487. Gallerie dell'Accademia, Venezia.

 

madonna_carrara

Giovanni Bellini (1430-1516). Madonna con Bambino, 1480-90. Accademia Carrara.

 

Madonna und Kind – emotional verbunden

 

Andachtsbilder mit Jungfrau und Bambino gehören zu Bellinis Lieblingsmotiven. Als Vorbild dienen ihm griechische und byzantinische Ikonen. Diese sind damals in Venedig weit verbreitet. Aber Bellini kopiert nicht den typisch kühlen Ikonen-Look – ins Leere blickend, stereotyp – sondern verpasst seinen Bildern einen emotionalen Ausdruck.

 

Bellini lässt seine Madonnen Gefühle zeigen und schafft eine emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind. Hier blickt die Mutter liebevoll zu ihrem Sohn – und der Kleine berührt ihre Hand. Sowas war bei den Ikonen undenkbar.

 

Zudem gibt er seinen Madonnenbildern einen Hintergrund: Landschaften oder Details davon. Einmal sind es kleine Bäume (daher der Titel: Alberetti) vor einer Berglandschaft, im anderen Beispiel ist es sogar eine nordeuropäische Burgenlandschaft.

 

In der grossen Werkstatt in Venedig produziert er zusammen mit seinem Bruder Gentile Madonnen-Bilder am Laufband – deshalb gleichen sich viele Bilder auch ziemlich.

 

Er bildet auch Schüler aus. Zwei davon sind heute weltberühmt: Giorgio da Castelfranco, genannt >Giorgione (1478-1510) und >Tizian (1490-1576).

 

 

   

 

madonna_musicanti

Giovanni Bellini (1430-1516). Madonna in trono, angeli musicanti, 1487. Chiesa San Giobbe. Galleria dell'Academia Venezia.

 

musicanti

Musizierende Engel. Detail.

 

 

 

Thronende Madonna, musizierende Engel

 

Eines der bekanntesten Werke Bellinis. Es ist ein Altarbild für die Kirche San Giobbe in Venedig. Heute ist das Gemälde in der Galleria dell'Academia in Venedig zu bewundern.

 

Diese Madonna ist noch im Ikonen-Stil gemalt: Distanziert in ihrer Göttlichkeit, abwesend und unerreichbar, ins Leere blickend und ohne Bezug zu ihrem Sohn.

 

Zu ihren Füssen musizieren drei Engel. Neben dem Thron sind sechs Heilige symmetrisch angeordnet, drei auf jeder Seite: Links der Heilige Franziskus, Johannes der Täufer und Hiob; rechts die Heiligen Domenico, Sebastiano (vom Pfeil getroffen) und Ludovico di Tolosa.

 

Beeindruckend an diesem 4.7 Meter hohen Gemälde ist die Tiefenwirkung. Die dunkle Nische im Hintergrund erweitert den Raum. Die Säulen an den Seiten entsprechen denen des ursprünglichen Altars. Die Kuppel mit den goldenen Mosaiken – in typisch venezianischem Stil – wirkt wie eine virtuelle Erweiterung des Kirchenschiffs.

 

junge-frau-bei-der-toilette

Giovanni Bellini (1430-1516). Junge Frau bei der Toilette, 1515. Kunsthistorisches Museum Wien.

 

 

Bellinis letztes Bild – ein weiblicher Akt

 

Erst im hohen Alter von 85 Jahren malt Bellini seinen ersten Akt. Das Bild gilt als das letzte von ihm gemalte und das einzige bekannte seiner Werke, das weder ein biblisches noch ein mythologisches Motiv zeigt.

 

Es stellt eine junge – ledige – Frau dar. Zu erkennen am Haarnetz. Nur verheiraten Frauen ist es gestattet, die Haare offen zu tragen. Es gibt keine Quellen darüber, wer hier Modell gesessen ist, und auch der Auftraggeber ist nicht bekannt.

 

Interessant ist die Signatur des Künstlers auf dem Kärtchen am unteren rechten Rand. Sie lautet: joannes bellinus faciebat MDXV (Von Bellini gemacht, 1515).

 

more

 

Fotos / Diashow

 

   
   

 

bellini_titel