Pierre-Auguste Renoir (1841-1919)


Ein Arbeiterkind. Sein Vater ist Schneider, die Mutter Zuschneiderin. Er ist erst vier, als die Familie von Limoges nach Paris umzieht und in der Nähe des Louvres eine Wohnung findet. Pierre beginnt eine Lehre als Porzellanmaler. Mit 15 ist er schon so gut, dass er mit seinem Lohn die Familie unterstützen kann. Doch dann ist Schluss mit dem Porzellangeschäft, weil sich mechanische Druckverfahren durchsetzen. Nun muss er seinen Lebensunterhalt mit dem Kolorieren von Wappen bestreiten.

 

Mit 20 beginnt er sein Studium als Maler – in einer Klasse des Schweizers >Charles Gleyre. Bei ihm erlernt er den klassischen Stil. 1867 bringt er eines seiner Bilder am Salon de Paris unter – eine Bestätigung seines Könnens. Aber nun fasziniert ihn jener moderne Stil, der jetzt gerade in ist: der Impressionismus.

 

Er lernt Claude Monet und Alfred Sisley kennen und arbeitet mit diesen zusammen im Freien. «Plein air» heisst die neue Masche. Das macht zwar Spass, aber kaum jemand will solche Bilder kaufen, die Zeit ist dafür noch nicht reif. Renoir muss bös unten durch, lebt in Armut und schreibt, dass es «nicht mal jeden Tag zum Essen reichte».

 

 

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Pierre-Auguste Renoir (1841-1919).

Foto Dornac, Wiki Commons.

 

 

Dann kommt es zum Krieg gegen Deutschland. 1870 meldet er sich freiwillig zur Kavallerie. Hat Glück, wird nicht verwundet und überlebt. Zurück in Paris trifft er sich wieder mit Monet und Sisley. Die drei verbringen in den folgenden Jahren viel Zeit miteinander, malen sich gegenseitig. Renoir nimmt zwar an Ausstellungen der Impressionisten teil, behält aber stets den klassisch-akademischen Stil im Hinterkopf. Er lechzt immer noch nach Anerkennung am Salon.

 

Die definitive Abkehr vom Impressionismus hat dann aber ganz andere Gründe: Der Geldmangel. Seine Bekanntschaft mit dem Verleger Charpentier – und vor allem mit dessen Gemahlin – verschafft ihm Zugang zu den «besseren Kreisen» und damit zum Geschäft mit Familienporträts.

 

Von den Finanzsorgen befreit, geht er auf Reisen. Nach Italien, Algerien, Guernsey. Renoir malt jetzt, was ihm gefällt. Und entwickelt seinen eigenen Stil: Soft, verschwommen, sinnlich.

 

Ab 1892 ist er gesundheitlich angeschlagen, leidet an Arthritis. 1907 zieht er in ein besseres Klima – nach Cagnes-sur-Mer an die Côte d'Azur. Er malt im Rollstuhl, mit an der Hand befestigtem Pinsel. Er wird 78 Jahre alt und stirbt 1919. Er soll über 6000 Werke hinterlassen haben.

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Pierre-Auguste Renoir (1841-1919).

Bal du Moulin de la Galette», 1876.
Musée d'Orsay, Paris.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Mademoiselle
Romaine
Lancaux, 1864.

 

 

1861: Start ins Kunststudium

 

Renoirs erster Lehrer ist der Schweizer Maler >Charles Gleyre (1806-1874). Er stammt aus dem Kanton Waadt und ist ein Vertreter des klassischen Stils für historische und mythologische Bilder.

 

Renoir zeigt sich anfänglich daran interessiert, schwenkt dann aber nach und nach auf die Linie von Künstlern wie >Gustave Courbet ein. Heisst: Malen nach der Natur und nach echten Modellen, nicht nach erfundenen historischen oder mythologischen.

 

Mit naturalistischen Werken verfolgt Renoir sein oberstes und wichtigstes Ziel: Die Anerkennung durch den >Salon de Paris.

 

 

 

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Lise mit dem Sonnenschirm,
1867. Museum
Folkwang.

 

 

1867: Vom Salon endlich angenommen

 

Mit dem Gemälde «Lise mit dem Sonnenschirm» erringt er seinen ersten Teilerfolg: Es wird 1867 von der Jury des Salons akzeptiert und ausgestellt. Dieses Bild ist «nach der Natur» gemalt. Das Modell ist seine Geliebte von 1865 bis 1871: Lise Tréhot.

 

Um diese Zeit kommt aber eine neue Stilrichtung in Mode, der Impressionismus. Dessen wichtigster Vertreter heisst >Claude Monet.

 

1873 wird die >Gruppe der Impressionisten gegründet, Renoir gehört dazu. Für seine Bilder bekommt er gute Kritiken – aber verkaufen lassen sie sich kaum, der neue Stil kommt nicht sofort an.

 

 

>mehr über den Impressionismus

 

 

 

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La Grenouillère, 1869. Nationalmuseum
Stockholm.

 

 

 

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Madame Monet
et son fils, 1874. National Gallery
of Art Washington.

 

 

 

1869-1874: Die Impressionismus-Phase

 

Ein typisches Gemälde aus Renoirs Epoche des Impressionismus ist «La Grenouillère» aus dem Jahr 1869. Es zeigt, dass er die Idee dieser neuen Stilrichtung gut umzusetzen weiss: Schnell und grob gesetzte Pinselstriche, die aus der Distanz betrachtet zu einem Bild verschmelzen. Einzelne Elemente darin (z.B. die Boote) sind allerdings noch ziemlich naturalistisch.

 

 

1874: Madame Monet in Argenteuil

 

Renoir verkehrt in den 1870er-Jahren viel mit Monet, Manet und Sisley. Er beteiligt sich auch an den >Impressionisten-Ausstellungen von 1874 und 1876.

 

Der neue Stil kommt nur langsam in Schwung.
Erste Kunsthändler werden auf das neue Geschäft aufmerksam. Einer davon, Paul Durand-Ruel, wird zum Impressionisten-Förderer und kauft Renoir Bilder ab.

 

 

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Bal du moulin de la Galette, 1876. Musée d'Orsay.

 

1876: Bal du moulin de la Galette

 

Ab 1876 hat Renoir sein Atelier an der Rue Cortot 12, wo sich heute das >Musée Montmartre befindet.

 

Dort entsteht eines seiner berühmten Bilder aus der Serie der Gemälde der fröhlichen Feste: «Bal du Moulin de la Galette», 1876.

 

 

 

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Madame Charpentier et ses enfants, 1878. Metropolitan Museum of Art.

 

1878: Erfolg dank Madame Charpentier

 

Finanziell erfolgreich wird Renoir erst, als er den Verleger Georges Charpentier und dessen Gattin kennen lernt. Jetzt bekommt er von diesen Aufträge für Porträts.

 

Charpentier, in dessen Verlag Werke von Emile Zola und Gustave Flaubert erscheinen, baut eine Kunstsammlung auf, zusammen mit seiner Gattin, der Salonnière Marguerite Charpentier.

 

Renoir ist einer der Favoriten des Sammlerpaars und findet dank den Charpentiers Zugang zu den «besseren Kreisen». Das bringt weitere Aufträge für Porträts. Allerdings ist für Porträts der impressionistische Stil wenig geeignet. Renoir kehrt zum klassischen Stil zurück.

 

 

Pierre-Auguste Renoir (1841-1919). Irène Cahen d'Anvers (La Petite Irène), 1880. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Ein Gemälde mit dramatischer Geschichte

 

Renoir erhält den Auftrag für dieses Porträt der «Petite Irène» von deren Mutter Louise Cahen d'Anvers und malt es 1880. Aber das – heute als Meisterwerk Renoirs gefeierte – Bild gefällt ihr gar nicht. Sie lässt es in einem der Personalräume ihrer Villa aufhängen.

 

Irène (die Porträtierte) heiratet 1891 den jüdischen Bankier Moïse de Camondo und bekommt zwei Kinder. Später heiratet sie den Adligen Carlo Sampieri und nimmt dessen Namen an.

 

Ihre Tochter Béatrice aus erster Ehe (de Camondo) heiratet 1919 den jüdischen Komponisten und Kunstsammler Léon Reinach. Ihre Grossmutter Louise (also die Auftraggeberin des Werkes) schenkt ihr das Gemälde 1933.

 

Als die Nazis 1940 Frankreich besetzen, werden die Reinachs wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. Das Gemälde wird 1941 beschlagnahmt und gerät in die Raubsammlung von Hermann Göring, dem Reichsminister und Chef der Luftwaffe.

 

1942 wird die ganze Familie Reinach (Vater Léon, Mutter Béatrice und die beiden Kinder) verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Dort werden alle vier ermordet.

 

Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 finden die Alliierten das Bild in Berlin und übergeben es der rechtmässigen Besitzerin. Erbin der Familie Reinach ist die Gräfin Irène Sampieri – ja, genau, Renoirs Modell für dieses Porträt, La Petite Irène!.

 

1949 verkauft die Gräfin Irène Sampieri ihr Porträt
an Emil Bührle.


 

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Femme nue dans un paysage, 1883. Orangerie, Paris.

 

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Der Zopf, 1886-87. Bildnis von Susanne Valadon. Museum Langmatt Baden.

 

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Die Lektüre, 1917-18. Museum Langmatt Baden.

 

 

Der wechselnde «Stil Renoir»

 

So ganz mag sich Renoir dann der hergebrachten Klassik doch nicht verpflichten. Er entwickelt seinen eigenen, unverkennbaren Stil.

 

Seine Abbildungen sind der Natur entsprechend, kommen jetzt aber in einer soft-verschwommenen Art daher, die sein Markenzeichen wird.

 

Es gibt aber auch Ausnahmen. Drei Jahre nach der «Femme nue» weicht er vom soft-sinnlichen Stil wieder ab. Sein Gemälde «Der Zopf» von 1886-87 (das Bild zeigt >Susanne Valadon) wirkt naturalistisch und weist eine detailliert ausgearbeitete Hautstruktur und klare Konturen auf.

 

Ab dieser Phase seines Schaffens ist Renoir nur noch schwer einzuordnen. Offenbar will sich der Künstler keinem bestimmten Stil mehr unterordnen. Er malt je nach Lust und Laune. Zum Impressionismus kehrt er aber nicht wieder zurück.

 

Gegen Ende seines Lebens hin entstehen wieder diese zart-soft-verschwommenen Bilder wie im Beispiel «Lektüre» von 1917-18.

 

Eine bemerkenswerte Sammlung von Renoir-Werken ist im kleinen aber feinen Museum Langmatt in Baden zu sehen. Ein Geheimtipp!

 

 

>mehr über Museum Langmatt Baden

 

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Fotos / Diashow

 

   
   

 

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