Das Basler Münster


Im 14. Jahrhundert wurde Basel arg gebeutelt.

Zuerst wütete 1349 in der Stadt eine Pestepidemie.

Nur sieben Jahre später folgte die nächste Katastrophe: 1356 zerstörte ein starkes Erdbeben mit nachfolgendem Grossbrand die halbe Stadt. Alle fünf Türme des spätromanischen Münsters von 1230 stürzten ein, ebenso der Chor und dessen Gewölbe.

 

Die Basler machten sich «sofort» an einen Wiederaufbau des Münsters – aber bis zur Fertigstellung dauerte es rund 150 Jahre. Erst im Jahr 1500 erstrahlte das neue Gotteshaus mit beiden Türmen.

 

 

Fassade des Basler Münsters mit den

Türmen der Heiligen Georg und Martin

 

 

Lange konnten sich die Basler aber an ihrem schönen neuen Münster nicht erfreuen, denn bereits 1529 kam es in Deutschland und in der Schweiz zur >Reformation

(siehe auch >Zwingli) und den damit einher gehenden Zerstörungen von Kirchengütern.

 

Beim Bildersturm vom 8. Februar 1529 im Basler Münster drangen vierzig bewaffnete Männer ein und zerstörten oder entfernten rund sechzig Werke: Altäre, Bilder und Heiligenstatuen. Einige davon wurden direkt auf dem Münsterplatz verbrannt.

 

Der grosse europäische Theologe und Humanist

>Erasmus von Rotterdam, der von 1514 bis 1529 in Basel lebte und wirkte, schrieb in einem Brief vom 9. Mai 1529 über den Basler Bildersturm:

 

«Von Standbildern wurde nichts unversehrt gelassen, weder in den Kirchen noch in den Vorhallen noch in den Kreuzgängen noch in den Klöstern. Was von gemalten Bildern vorhanden war, wurde mit einer Übertünchung von Kalk bedeckt; was brennbar war, wurde auf den Scheiterhaufen geworfen, was nicht, wurde Stück für Stück zertrümmert. Weder Wert noch Kunst vermochten, dass irgend etwas geschont wurde.»

 

Erasmus muss ziemlich geschockt gewesen sein. Später stellte sich dann heraus, dass die Zerstörungen nicht ganz so umfassend waren. Etliche mittelalterliche Bildwerke blieben erhalten und auch der Münsterschatz konnte gerettet werden.

 

Und doch: Der «Bildersturm» war in seiner Wirkung so mächtig, dass der Basler Rat der Reformation zustimmen musste. Der katholische Bürgermeister, das Domkapitel und viele der «Altgläubigen» verliessen die Stadt. Und sogar Bischof Philipp von Gundelsheim setzte sich ab. Der war schon vor 1529 nach Pruntrut geflüchtet.

 

 

Der Reformator von Basel, Johannes
Oekolampad (1482-1531) am Kreuzgang
des Basler Münsters. Statue von
Ludwig Keiser, 1861.

 

 

Die Führung bei der Basler Reformation übernahm
Johannes Oekolampad, der 1529 zum Antistes (Vorsteher) der reformierten Kirche Basels gewählt wurde und ideologisch auf der Linie des Zürcher Reformators >Huldrych Zwingli lag.

 

Nun war das Basler Münster eine protestantische Staatskirche – bis zur Trennung von Kirche und Staat im Jahr 1911. Seither ist das Münster im Besitz der evangelisch-reformierten Kirche. Der Kanton Basel-Stadt beteiligt sich zu drei Vierteln an den Unterhaltskosten. Heute gehört das Basler Münster zu den attraktivsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

 

 

>Reformation Zürich (Zwingli)

 

>Grossmünster Zürich

 

>Reformation St. Gallen (Vadian)

 

>Kathedrale St. Gallen

 

 

 

 

>weitere Kirchen

 

>Kirchenkunde und -Architektur

 

 

 

 

 

 

Titelbild

Basler Münster vom Rhein aus gesehen.

Foto Taxiarchos228, WikiCommons.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das karolingische Münster um 820.

 

 

Frühromanisches Münster um 1019

 

 

Kaiser Heinrich II und seine Frau Kunigunde an der heutigen Fassade des Basler Münsters.

 

 

 

Anfänge in der Zeit Karls des Grossen

 

Um 800 n.Chr. herum waren die Bischöfe nicht nur geistliche Würdenträger, sondern auch Bauherren und manchmal sogar Stadtherren. Der älteste bekannte Bau des Münsters stammt aus dem Jahr 820 und wurde von Bischof Haito angeordnet, einem Vertrauten von Karl dem Grossen.

 

>Wer war Karl der Grosse?

 

Unter Adal-bero II (etwa um 1000 n.Chr) riss man das karolingische Münster ab und baute auf seinen Fundamenten im frühromanischen Stil das dreischiffige Heinrichs-Münster.

 

 

Die Stifter des Münsters –

Kaiser Heinrich II und Kunigunde

 

Heinrich II war am 14. Februar 1014 von Papst Benedikt VIII im Petersdom zu Rom zum römisch-deutschen Kaiser und seine Luxemburger Gattin Kunigunde zur Kaiserin gekrönt worden.

 

Das Kaiserpaar wacht heute über dem Portal der Hauptfassade des Basler Münsters. In seiner rechten Hand trägt der Kaiser eine Miniatur des Münsters, die Kaiserin präsentiert ein Reliquienkreuz. Als das Heinrichsmünster am 11. Oktober 1019 geweiht wurde, soll das Kaiserpaar persönlich anwesend gewesen sein und wertvollste Geschenke mit nach Basel gebracht haben –

 

die so genannten Heinrichsgaben. Darunter eine prächtige goldene Tafel, ein Reliquienkreuz, ein Thronsessel und mehr. Diese Gaben waren den Baslern so «heilig», dass deren Stadträte noch bis zum Beginn der Reformation im 16. Jahrhundert jeweils auf zwei dieser «Heinrichsgaben» schworen.

 

So grosszügig die kaiserlichen Gaben bei der Einweihung auch waren – an der Finanzierung des Münsterbaus von 1019 hatten sich Heinrich und Kunigunde vornehmerweise nicht beteiligt. Das Bauwerk mussten die Basler selber berappen.

 

 

 

Spätromanisches Münster um 1230.

 

Bischof Lütold I von Arburg, Gemälde in der Krypta.
 

 

 

1230: Neubau in spätromanischem Stil

 

Ende des 12. Jahrhunderts wurde das Heinrichs-Münster abgerissen und durch einen Neubau im spätromanischen Stil ersetzt.

 

Auftraggeber war Bischof Lütold I von Arburg (im Amt 1191-1213). Der Neubau bekam ein Querschiff und damit erstmals eine >Vierung. Und insgesamt fünf Türme.

 

Rund 120 Jahre später stürzten alle fünf Türme und der Chorbereich beim grossen Basler Erdbeben
von 1356
ein und machten einen Neubau nowendig, mit dem zügig begonnen wurde.
Diesmal in spätgotischem Stil.

 

 

Das spätgotische Münster um 1500.

 

 

 

Georgsturm (1429), links. Martinsturm (1500), rechts.

 

Das Basler Münster in der heutigen Form

 

Unter Bischof Johann II Senn von Münsingen (im Amt 1335-1365) begann der Wiederaufbau des Münsters in spätgotischem Stil. Erst 1429 konnte der erste Turm fertiggestellt werden: Georgsturm. Dann dauerte es weitere siebzig Jahre bis zur Errichtung des Martinsturms. Um das Jahr 1500 herum sah das Basler Münster (von aussen) im wesentlichen so aus wie heute.

 

Im Französischen heisst das Basler Münster «Cathédrale de Bâle». Als Kathedrale bezeichnet man eine Kirche, die Sitz des Bischofs ist. Die Bezeichnung stammt vom lateinischen «cathedra», was soviel wie Sitz bedeutet.

 

Und warum heisst die Kirche auch Münster? Ursprünglich lebten hier die Kleriker in einer klosterähnlichen Gemeinschaft. Das Wort «Münster» stammt vom lateinischen «Monasterium», was Kloster bedeutet.

 

 

>mehr über Kirchenkunde und -Architektur

 

 

 

Der heilige Georg tötet den Drachen.

 

 

 

Der heilige Martin teilt seinen Mantel.

 

Heilige am reformierten Münster?

 

Eigentlich hätten ja Heiligen-Abbildungen nach der Reformation von 1529 hier nichts mehr zu suchen.

 

Ungezählte Kunstwerke waren im Bildersturm
von 1529
entfernt oder zerstört worden. Die beiden Heiligen an der Fassade sind aber heute noch erhalten. Als Kopien. Die Originale aus dem 14. Jht sind im Museum Kleines Klingental am Kleinbasler Rheinufer eingelagert.

 

Unter dem linken Turm der Heilige Georg, der berühmte Drachentöter, der eine Königstochter aus den Fängen eines Drachens befreite.

 

>mehr über den hl. Georg / San Giorgio

 

 

Unter dem rechten Turm der Heilige Martin. Martin war ein römischer Soldat, der sich im 4. Jht n.Chr. in Gallien durch barmherzige Taten auszeichnete. Einem frierenden Bettler soll er die Hälfte seines Mantels gegeben haben. Diese Szene, die Abtrennung der Mantelhälfte, ist hier dargestellt.

 

 

 

Hans Holbein d.J. (1497-1543). Bildnis des schreibenden Erasmus von Rotterdam, 1523. Kunstmuseum Basel.

 

 

Epitaph für Erasmus von Rotterdam im Basler Münster.

 

Erasmus von Rotterdam im Basler Münster

 

Welch gewaltiges Ansehen dieser Universalgelehrte aus den Niederlanden auch in Basel hatte, zeigt die Tatsache, dass er als katholischer Theologe und Priester, der die Reformation durchwegs ablehnte, im protestantischen Basler Münster beerdigt ist. Ein Epitaph erinnert an seinen Tod in Basel am
12. Juli 1536.

 

Zu Basel hat Erasmus (1466-1536) eine ganz besondere Beziehung. Er lebte und wirkte hier von 1514 bis 1529 und liess seine Schriften in der Werkstatt von Johann Froben drucken. Er war Mitbegründer des Collegium Trilingue, das sich die Aufgabe setzte, die alten Sprachen Lateinisch, Griechisch und Hebräisch zu studieren – vor allem wichtige Originalfassungen.

 

1518 erschien sein Meisterwerk, die «Colloquia familiaria» (Vertraute Gespräche). In seiner Schrift kritisierte er scharf die Missbräuche der katholischen Kirche. Trotzdem war Erasmus nicht dazu bereit, die >Reformation zu unterstützen und verurteilte in ebenso scharfen Worten auch die «Bilderstürme» (siehe >Text Spalte links).

 

Als Folge der Reformation verliess Erasmus Basel 1529 mit Ziel Freiburg im Breisgau, kehrte aber 1535 wieder zurück und starb in Basel am
12. Juli 1536. Im Münster ist er beerdigt.

 

 

 

Die Krypta – wo die Bischöfe ihre letzte Ruhe finden.

 

Graf Rudolf III von Thierstein, gest. 1318.

 

Deckenmalerei in der Krypta.

 

Die Krypta – mehr als tausend Jahre alt

 

Krypten dienten bereits in den frühen christlichen Kirchen als Begräbnisstätten von Heiligen und wichtigen Würdenträgern, vor allem Bischöfen. In der Kryptenanlage des Basler Münsters gibt es zwar kein Heiligengrab, dafür fanden vier Bischöfe hier ihre letzte Ruhestätte.

 

Schon das frühromanische Münster von 1019 erhielt eine grosse zweiteilige Krypta. Die Ostkrypta hat sich in ihrer Grundform bis heute erhalten.

 

Die Krypta unter der Vierung des Münsters wurde im 19. Jahrhundert abgebrochen und zugeschüttet und erst 1966 wieder vollständig freigelegt. An diesem «unterirdischen» Ort können heute noch Baureste des karolingischen und des frühromanischen Münsters entdeckt werden.


Die Krypta enthält eine ganze Reihe von sehr gut erhaltenen Deckengemälden mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Eine der leicht erkennbaren Geschichten ist jene von Joachim und Anna, den Grosseltern Jesu'. Sie zeigt jenen Moment, wo Joachim nach 40 Tagen Fasten in der Wüste nach Jerusalem zurück kehrt und vor der «Goldenen Pforte» des Tempels seine Frau Anna umarmt.

 

 

>mehr über Joachim und Anna

 

 

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Fotoimpressionen Basler Münster