Mantova: Palazzo Ducale und
die kunstbessene Familie Gonzaga


Begonnen hat alles mit einer Schlacht, in der Ludovico I Gonzaga die Familie der Bonalcosi besiegte und die Macht an sich riss. Das war 1328. Dann herrschten die Gonzaga vier Jahrhunderte lang über Mantova – bis 1708.

 

Bis heute berühmt ist die Familie vor allem wegen ihrer legendären Kunstbesessenheit. Sie schmückten sich mit den besten Künstlern ihrer Zeit und holten diese nach Mantova: Ganz grosse Namen wie Mantegna, Raffael
oder Rubens...

 

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Castello di San Giorgio, Palazzo Ducale, Mantova.

 

 

Ihr Palazzo dominiert die Stadt. Auftraggeber für den Bau dieser mächtigen Festung war Francesco I Gonzaga. Er beauftragte den Architekten Bartolino da Novara mit der Planung. Die Bauarbeiten begannen 1395, die Fertigstellung dauerte rund zehn Jahre, bis 1406.

 

Das Castello di San Giorgio ist heute der berühmteste
Teil des Palazzo Ducale und in erster Linie bekannt für sein Highlight, die «Camera degli Sposi», das der einheimische Maler Andrea Mantegna im Auftrag von Ludovico III mit sensationellen Fresken ausstattete, die aus dem Leben der Gonzaga erzählen.

 

 

Die Lage des Palazzo Ducale Mantova

 

Die Gesamtanlage aus der Luft gesehen

 

 

Der Gesamtkomplex besteht heute aus über tausend Räumen. Einige davon stehen dem Publikum offen. Die Palastanlage ist ein Kulturerbe der UNESCO und zieht Jahr für Jahr hunderttausende von Touristen an.

 

 

Galerie mit antiken Skulpturen.

 

 

Der Troja-Saal mit dramatischen Kriegs-
szenen aus der Werkstatt des einheimischen
Malers Giulio Romano (1499-1546).

 

 

Eros und Psyche haben ihren eigenen
Raum.

 

 

Skurrile Unterwasserfiguren an der Decke
der «Sala dei Fiumi» (Raum der Flüsse).

 

 

Nach dem Niedergang der Gonzaga-Dynastie im Jahr 1708 wurde Mantova von den Habsburgern übernommen und in das österreichische Herrschaftsgebiet integriert. Der Palazzo Ducale erlebte eine Zeit des kulturellen und künstlerischen Niedergangs, wurde aber später als wichtiges historisches Erbe erhalten und restauriert.

 

Nach dem Ende der Habsburger-Herrschaft wurde Mantova kurz französisch – heisst: während der Italienfeldzüge 1797 durch Napoleon besetzt. Schliesslich folgte 1866 die Eingliederung in das vereinigte Italien.

 

2008 erklärte die UNESCO Mantova zum
Weltkulturerbe.

 

 

>Film über Palazzo Ducale Mantova (YouTube)

 

>Tagebuch Reise nach Mantova_2024

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Highlight des Palazzo Ducale: La Camera degli Sposi

 

 

Andrea Mantegna (1431-1506). Fresken in der Camera degli sposi,
1465 bis 1474.

 

Andrea Mantegna (1431-1506), Detail der Familie Gonzaga.

 

 

Andrea Mantegna (1431-1506). Aus dem Leben der Familie Gonzaga.

 

 

Andrea Mantegna (1431-1506). Das Spiel mit der optischen Illusion.

 

 

 

 

Das Hochzeitszimmer ohne Braut

 

Die Camera degli Sposi mit den berühmten Fresken von >Andrea Mantegna (Hofmaler der Gonzaga ab 1460) ist das Highlight des Palastes. Aber wieso heisst dieses Zimmer so? Da gibt es weit und breit kein Brautpaar... Der irreführende Name entstand erst im 19. Jahrhundert. Vorher hiess die Kammer Camera picta (der bemalte Raum).

 

Die Fresken entstanden über einen Zeitraum von zehn Jahren (1465-1474) und zeigen eindrücklich detailgetreu das Leben der Familie Gonzaga. Anlass für die Errichtung des relativ kleinen quadratischen Raumes (nur acht Meter breit und sieben Meter hoch) war die Ernennung von Francesco Gonzaga zum Kardinal im Jahr 1461.

 

Die einzelnen Mitglieder der Familie sind realistisch dargestellt und gut zu erkennen. Hauptfigur ist der Auftraggeber der Fresken, Ludovico III Gonzaga, neben ihm sitzt Barbara von Brandenburg, seine Gattin. >mehr über die Familie Gonzaga

 

 

Gonzagas Begeisterung für Hunde

 

Offenbar hatten die Gonzaga eine Leidenschaft für Hunde. Diese waren Teil des höfischen Lebens und wurden nach ihrem Tod mit echten Gräbern geehrt. Auf der rechten Bildhälfte empfängt Ludovico Gonzaga von seinem Sekretär einen Brief. In beiden Themen ist im Hintergrund eine fiktive Landschaft verarbeitet.

 

Mantegnas Meisterwerk: Blick aus dem Himmel

 

Das Deckengemälde der Camera Picta ist eines der beeindruckendsten Beispiele von illusionistischer Malerei (Trompe-l'œil) der Renaissance. Dieses Werk ist eine Meisterleistung des Künstlers und hat wesentlich zur Reputation des Palazzo Ducale (und auch der Stadt Mantova) als kulturelles Zentrum beigetragen.

 

Der Okulus in den blauen Himmel zeigt mehrere Personen, Engel, Puttis und sogar einen Vogel, die förmlich am Rand zum Jenseits balancieren und mit wachem Interesse nach unten gucken – hin zum gewöhnlichen Erdenvolk. >Mantegna beweist mit diesem genialen Werk auch, wie gut er die >Zentralperspektive im Griff hatte.

 

 

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Raffaels Werke im Palazzo Ducale

 

Raffael (1483-1520). Teppich
Der wunderbare Fischfang.
495 x 610 cm.

 

 

Raffael (1483-1520). Teppich
Die Steinigung des
Hl. Stefanus.
495 x 581 cm.

 

 

Raffael (1483-1520). Teppich
La conversazione del proconsole.
503 x 774 cm.

 

Raffaels grossartige Tapisserien

 

Wie schafften es die Gonzaga, die grössten Künstler ihrer Zeit nach Mantova zu locken? Hauptgrund war ihre hohe Reputation als Mäzene und Förderer von Kunst und Künstlern. So konnten sie >Mantegna und >Rubens nach Mantova holen. Bei >Raffael war das etwas anders.

 

Raffael hatte eine Serie von Kartons (Vorlagen) für Tapisserien entworfen, die ursprünglich für die >Sixtinische Kapelle im Vatikan bestimmt waren. Diese Entwürfe wurden von Webern in Brüssel zu Wandteppichen umgesetzt – um 1550 herum, also erst nach dem Tod Raffaels im Jahr 1520. Die Gonzaga erwarben einige dieser Teppiche und schmückten damit ihre nobelsten Räume. Die Teppiche sind riesig – der Grösste misst fast acht Meter in der Breite. Es ist aber nicht allein die Grösse, die beeindruckt, sondern vor allem der Reichtum und die feinen Details, die darin verarbeitet sind.


Themen aus dem Neuen Testament

 

Die Wandteppiche zeigen Szenen aus dem Neuen Testament. Das wohl berühmteste und detailreichste ist das Motiv des wunderbaren Fischfangs. Raffael setzt hier ein biblisches Thema um, wie es in den Evangelien von Lukas und Johannes beschrieben wird. In beiden Erzählungen geht es um Fischer, die hart arbeiten, aber keine Fische fangen. Erst als Jesus zu ihnen stösst, haben sie Erfolg und fangen so viele Fische, dass ihre Boote überquellen. Da erkennen die Fischer, wer ihnen geholfen hat – der Herr.

 

 

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Peter Paul Rubens in Mantova

 

Peter Paul Rubens (1577-1640). La familia Gonzaga in adorazione della Santissima Trinità, 1605.

 

Hommage an die «göttliche Familie» Gonzaga

 

Herzog Vincenzo I Gonzaga holte den grossen flämischen Meister im Jahr 1600 nach Mantova. Rubens arbeitete hier und nutzte jede Gelegenheit zum Reisen und zum Studium italienischer Kunst. Um 1605 herum malte er für die fromme Familie das Meisterwerk Die Dreifaltigkeit mit der Familie Gonzaga, das für die Kirche Santissima Trinità von Mantova bestimmt war.

 

Das zentrale Thema des Gemäldes ist die Heilige Dreifaltigkeit (Trinität), dargestellt durch Gott Vater, Jesus Christus und den Heiligen Geist in Form einer Taube. Im unteren Bereich ist die Familie Gonzaga zu sehen. Sie kniet in Anbetung und zeigt damit ihre Frömmigkeit. Und natürlich auch ihre Macht, die sie von göttlicher Gnade gesegnet sieht. Der Auftraggeber Herzog Vincenzo I Gonzaga dominiert das Bild, was seine Rolle als Machthaber und Familienführer betont.

 

 

Peter Paul Rubens (1577-1640).
Bildnis des jungen Francesco IV Gonzaga, 1605.

 

Portrait des jungen Francesco IV Gonzaga

 

Francesco IV Gonzaga war der Sohn von Vincenzo I. Gonzaga und >Eleonora de’ Medici. Er war der Erbe des Herzogtums Mantua, starb jedoch jung im Jahr 1612, bevor er die Herrschaft übernehmen konnte. Da er keinen männlichen Erben hinterliess, ging der Herzogstitel auf seinen Bruder Kardinal Ferdinando Gonzaga über, der damit seine kirchliche Karriere aufgeben musste.

 

Rubens malte das Porträt um 1605, als Francesco noch ein Kind war. Er zeigt ihn in einem prächtigen Kleid, das seine adelige Herkunft und seinen Status betont. Die Darstellung des jungen Erben ist von Rubens’ charakteristischem Stil geprägt: eine Kombination von Realismus und Lebendigkeit.

 

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Der Spiegelsaal des Palazzo Ducale

 

Der Spiegelsaal. Barockfresken von Francesco Maria Raineri (1676-1758) und Assistenten.

 

Deckenfresken von Francesco Maria Raineri (1676-1758) und Assistenten.

 

Deckenfresken von Francesco Maria Raineri (1676-1758) und Assistenten.

 

Spiegelsaal nach dem Vorbild Versailles

 

Wer Macht darstellen will, kommt offenbar um einen pompösen Spiegelsaal nicht herum. Unter dem Motto 'Was den französischen Königen recht ist, soll den Herzögen Mantovas billig sein'. Auftraggeber war Ferdinando Carlo di Gonzaga-Nevers, der letzte Herzog (1627-1637) der Gonzaga-Familie. Auch er war ein Förderer von Kunst und Architektur, doch sein Herzogtum begann langsam zu wackeln.

Die Hauptarbeiten fielen ins 18. Jahrhundert. Wichtigster Künstler war Francesco Maria Raineri (genannt «il Schivenoglia», 1676-1758), ein bedeutender Maler des Barock, wie die lebendigen Farben und dynamischen Kompositionen beweisen. Natürlich standen ihm zahlreiche Assistenten und Stuck-Spezialisten zur Seite, um dieses gewaltige Werk zu erstellen.


Der Spiegelsaal ist an Decke und Wänden mit Stuckarbeiten und Fresken verziert, die Szenen aus der griechischen Mythologie darstellen. Sie sollen die Pracht und den Glanz des Herzogtums Mantova widerspiegeln – auch wenn ihre Blütezeit gegen Ende des 17. Jahrhunderts langsam zu Ende ging.

 

Ferdinando Carlo di Gonzaga-Nevers, der letzte Herzog von Mantova, starb 1708. Er war bereits ein Jahr zuvor aus Mantova geflohen, nachdem sein Herzogtum von kaiserlichen Truppen besetzt worden war. Mit seinem Tod endete die Herrschaft der Gonzaga-Familie über Mantua.

 

 

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