Ausstellung «Der Schlüssel der Träume –
Surrealistische Meisterwerke der Collection Hersaint»

vom 16.2. bis 4.5.2025, Fondation Beyeler, Riehen.

 

 

Süchtig nach Surrealismus


Der Kunstsammler, der zeitlebens eine Leidenschaft für surrealistische Malerei hat. Er heisst Claude Hersaint (1904–1993), wächst in Brasilien auf und findet dann in Paris zur Kunst. Seine Begeisterung für die Surrealen beginnt schon sehr früh. Im Alter von gerade mal 17 Jahren erwirbt er sein erstes Bild. Er wird Banker und stellt im Laufe seines Lebens eine herausragende Privatsammlung von surrealistischer Kunst auf die Beine, die heute rund 150 Werke umfasst.

 

 

Ausstellungsplakat

 

 

Nach Hersaints Tod 1993 engagieren sich seine Frau Françoise (1934-2023) und Tochter Evangéline für den Erhalt der Sammlung. Dass ein Teil der Sammlung nun in der Fondation Beyeler präsentiert wird, ist kein Zufall. Die Hersaints pflegten eine lange freundschaftliche Beziehung zum Kunstsammlerpaar >Ernst und Hildy Beyeler.


Die Ausstellung zeigt etwa fünfzig Gemälde aus der Collection Hersaint. Diese wird mit surrealistischen Werken aus der Sammlung der Fondation Beyeler ergänzt.

 

 

 

Porträt von Claude Hersaint, 1948.

Gemalt von Balthus (1908-2001).

Collection Hersaint.

 

 

 

Mehr über Claude Hersaint

 

Während des Zweiten Weltkriegs muss Hersaint mit seiner ersten Frau Hélène Anavi vor den Nazis flüchten. Er flieht nach Rio de Janeiro und später nach New York. Dort knüpft er Kontakte zu Exil-Künstlern wie Man Ray und Dorothea Tanning. Nach dem Krieg kehrt Hersaint nach Paris zurück und heiratet später seine zweite Frau Françoise Moutier.

 

Ab 1948 leben die Hersaints in Montreux und schliesslich in Crans-Montana, wo Claude Hersaint 1993 im Alter von 89 Jahren verstirbt.

 

Seine Frau Françoise (1934–2023) betreut ab 1993 die Sammlung und nach nach ihrem Tod 2023 übernimmt Tochter Evangéline – zusammen mit deren Frau Laetitia. Die Ausstellung «Der Schlüssel der Träume» ist in Zusammenarbeit mit Evangéline und Laetitia Hersaint-Lair entstanden.

 

 

René Magritte (1898-1967).
La Clef des songes, 1930.

Collection Hersaint.

 

Salvador Dalì (1904-1989).
Le jeu lugubre, 1929.

Collection Hersaint.

 

 

 

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Titelbild (Ausschnitt)

Max Ernst (1891-1976). L'Ange du foyer
(Le Triomphe du surréalisme), 1937.
Collection Hersaint. Als Dauerleihgabe

in der Fondation Beyeler, Riehen-Basel.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Claude Hersaint (1904-1993). Im Alter von 17 Jahren erwirbt er dieses Bild von Max Ernst.

 

 

Max Ernst (1891-1976). Cage et oiseau, 1920. Collection Hersaint.

 

 

Wer ist dieser leidenschaftliche Sammler
von surrealistischer Kunst?

 

Claude Hersaint kommt 1904 in São Paulo, Brasilien, zur Welt. Seine Familie stammte ursprünglich aus Elsass-Lothringen und war Mitte des 19. Jahrhunderts nach Brasilien ausgewandert. Er wächst in einem intellektuellen Milieu der Oberschicht auf. Noch als Jugendlicher zieht er mit seiner Familie nach Paris, wo er ein Jurastudium absolviert. Dann arbeitet er als Banker – das bleibt er zeitlebens.


Seine Leidenschaft für Kunst beginnt früh: Bereits im Alter von 17 Jahren erwirbt er sein erstes Gemälde – Cage et oiseau, 1920, von Max Ernst. Seine Begeisterung für surrealistische Werke und seine engen persönlichen Beziehungen zu Künstlern wie >Max Ernst, Victor Brauner oder >Jean Dubuffet legen den Grundstein für eine reiche Sammlung an surrealistischen Werken.

 

Hersaints einzigartige Kollektion umfasst etwa hundertfünfzig Werke. Stark vertreten sind Gemälde von Max Ernst. Aber auch viele andere Grössen des Surrealismus gehören dazu, wie Salvador Dalí, René Magritte, Joan Miró, Balthus, Dubuffet.

 

 

Max Ernst (1891-1976). L'Ange du foyer (Le Triomphe du surréalisme), 1937. Collection Hersaint.

 

 

Detail.
 

 

Max Ernst – Triumph des Surrealismus

 

Surrealismus pur! In der Regel ist es nicht einfach, surrealistische Motive zu interpretieren. Dieses hier macht eine Ausnahme: Max Ernst malte das Werk kurz nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs 1936. Nach seinen eigenen Worten drückt es die Sorge des Künstlers vor dem aufkeimenden Faschismus aus.

 

Über seinen Ange du foyer (Hausengel) sagte er: «Das ist natürlich ein sehr ironischer Titel für eine Art Trampeltier, das alles, was ihm in den Weg kommt, einfach zerstört und vernichtet. Das war mein damaliger Eindruck von dem, was in der Welt wohl vor sich gehen würde – und ich habe damit vielleicht auch recht behalten.»

 

Wenig später gab er dem Bild den zweiten Titel:
Le triomphe du surréalisme. Für Ernst spiegelte der Surrealismus den Wahnsinn seiner Zeit: «Je verrückter die Umstände, desto wilder triumphiert der Surrealismus».

 

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Dorothea Tanning (1910-2012).
Valse bleue, 1954. Collection Hersaint.

 

Max Ernst und Dorothea Tanning, 1948. Foto Robert Bruce, The Smithsonian Institution collection.

 

 

Dorothea Tanning und Max Ernst

 

Max Ernst und Dorothea Tanning treffen sich 1942 in New York, als Ernst im Auftrag seiner damaligen Ehefrau >Peggy Guggenheim nach Künstlerinnen für eine Ausstellung sucht. Zwischen den beiden entsteht eine Liebesbeziehung. 1946 heiraten sie in einer Doppelhochzeit mit >Man Ray und Juliet Browner.

 

Das Künstlerpaar Ernst/Tanning lebt zunächst in Sedona, Arizona, und zieht dann 1953 nach Frankreich. Ernst unterstützt Tanning bei ihren surrealistischen Werken. Tanning selbst ist vielseitig unterwegs: als Malerin, Bildhauerin und als Bühnenbildnerin. Zudem begleitet sie Ernst in seiner Arbeit bis zu seinem Tod 1976.

 

Valse bleue (1954) zeigt eine junge Frau, die eng umschlungen mit einem überdimensionierten Mops tanzt. Humorvolles und Melancholisches zu verbinden, ist ein Markenzeichen in Tannings Kunst. Der Mops ist möglicherweise inspiriert von Tannings eigenem Hund Katchina.

 

Ihr Hund spielt in vielen ihrer Werke eine Rolle. Vielleicht möchte Tanning in diesem Gemälde die Grenzen zwischen Mensch und Tier auflösen. Themen wie Identität, Empathie und die Verbindung zwischen Mensch und Tier kommen in ihren Werken öfter vor.

 

 

Balthus (Balthasar Klossowski de Rola, 1908-2001). Passage du Commerce-Saint-André, 1952-54. Collection Hersaint.

 

 

Balthus-Gemälde
in der Pariser Wohnung der Hersaints, 1960.
 

 

 

Balthus' Passage du Commerce-St-André

 

Dieses monumentale Gemälde – seit Jahren in der Fondation Beyeler zu sehen – hing in den 1960er-Jahren in der Pariser Wohnung der Hersaints. Damals steckte Balthus in finanziellen Schwierigkeiten und Hersaint gehörte einer Gruppe von Mäzenen an, die den Künstler unterstützte. Als Gegenleistung kam Claude Hersaint zu diesem Gemälde. Um eine genügend grosse Wand zu finden (das Gemälde misst 294 x 330 cm!), musste die Familie umziehen. In der Avenue Henri Martin in Paris wurde man fündig und installierte das Bild im Salon.

 

Eine lustige Anekdote dazu: Weil der Umzug allein schon sehr teuer war, liess Hersaint die Wand hinter dem Bild nicht tapezieren. Das führte dazu, dass er mehrere Leihanfragen für Ausstellungen ablehnen musste – die Familie wollte ja nicht im Salon mit einer kahlen Wand sitzen.

 

Einige Male wurde das grosse Werk aber dennoch ausgeliehen. So zum Beispiel an eine Ausstellung im >Palazzo Grassi in Venedig. Das Bild war aber so riesig, dass man es nicht in die Ausstellungsräume brachte. Es musste schliesslich in der Eingangshalle platziert werden.

 

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Jean Dubuffet (1901-1985). L'Homme de marbre, 1955. Collection Hersaint.

 

Jean Dubuffet (1901-1985). Personnage en ailes de papillons, 1953. Collection Hersaint.

 

Ein grosser Fan von Jean Dubuffet

 

Hersaints bevorzugte Epoche waren die 1940/50er-Jahre. In jener Zeit war Dubuffet umstritten, aber Hersaint verteidigte den Künstler vehement. Mehr «in» war damals Bernard Buffet (1928-1999). Das brachte den Kunstsammler Hersaint auf die Palme. Gegenüber Freunden des Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris, die lieber Werke von Buffet kauften, soll er gesagt haben: «Nicht Buffet, Dubuffet!».

 

Dubuffet hatte auch eine Affinität zur «Art brut». 1947 gründete er in Paris die «Compagnie de l'Art Brut» und sammelte diese Form von alternativer Kunst in Krankenhäusern, psychiatrischen Kliniken und Gefängnissen.

 

L'homme du marbre ist eine so genannte «Assemblage» – eine Komposition aus bemalten und zerschnittenen Leinwandteilen. Auch die Figur setzt sich aus aufgeklebten Einzelteilen zusammen. Es soll sich um eine Abbildung des Vaters des Künstlers handeln.

 

Sein Werk Personnage en ailes de papillons ist eine Collage aus Schmetterlingsflügeln, mit der er die Grenzen des Mediums Malerei erweitern konnte. Das ebenso feine wie eindrucksstarke Bild misst nur 24x18 cm.

 

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Man Ray (1890-1976). Antoine et Cléopâtre, 1948. Collection Hersaint.

 

 

 

Man Ray: «Mehr als ein Fotograf»

 

Auch zum (heute) weltberühmten Fotografen Man Ray hatte Hersaint einen guten persönlichen Draht. Über ihn sagte der Kunstsammler, dass «Rays Lebensdrama darin bestand, dass ihn alle als Fotografen bewunderten, dabei wolle er als Maler anerkannt werden».

 

Um ihn dabei zu unterstützen, kaufte er ihm dann dieses Gemälde ab: Antonio und Kleopatra aus dem Jahr 1948.

 

 

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Werke in der Ausstellung Beyeler 2024

 

>Saalheft Ausstellung Collection Hersaint 2025

 

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