Ausstellung Surrealismus Schweiz
Aargauer Kunsthaus, Aarau. 1.9.2018 - 2.1.2019
Beim Wort Surrealismus denkt man vor allem an Grössen wie >Salvador Dalì, >Joan Miró oder
Aber hat nicht auch «unser» >Alberto Giacometti mit seinen surrealistischen Skulpturen auf diesem Gebiet mitgemischt? Oder Paul Klee (den wir mal kurzerhand einbürgern)? Oder die Baslerin Meret Oppenheim? Ein paar Schweizer Berühmtheiten lassen sich schon aufzählen.
Doch erst die Ausstellung in Aarau öffnet einem so richtig die Augen. Hier findet man den Zugang zu nicht weniger als 70 Schweizer Künstlern, die sich eingiebig mit dem Surrealismus beschäftigt haben. Es ist eine mächtige Ausstellung mit über 400 Werken.
Jean-Pierre Viollier (1896-1985). L'épouvantail
charmeur III, 1928. Association des Amis
du Petit Palais, Genève.
Zu den Schweizer Protagonisten des Surrealismus zählen auch Kurt Seligmann, Serge Brignoni und Gérard Vulliamy. Diese drei haben in Paris zum Surrealismus gefunden, im Umkreis von >André Breton. Der war zwar kein Maler, sondern ein Literat, doch hat er mit seinen theoretischen Schriften den Surrealismus erst so richtig zum Laufen gebracht. Zuerst mit seinem 1924 verfassten «Manifest des Surrealismus», dann mit dem Werk «Le surréalisme et la peinture». Darin lieferte er eine theoretische Begründung der surrealistischen Malerei, erläutert an Beispielen von Pablo Picasso, Max Ernst und Joan Miró.
Es gab aber auch Schweizer Gruppierungen, die sich mit dem Surrealismus befassten. So die «Gruppe 33», eine antifaschistische Vereinigung von Basler Künstlern mit den Gründungsmitgliedern Otto Abt und Walter Kurt Wiemken.
1937 wurde in Zürich von Richard Paul Lohse und Leo Leuppi die «Allianz», eine Vereinigung Moderner Schweizer Künstler gegründet. Dort waren zwar mehr Konkrete (wie Max Bill) und Konstruktive (wie Fritz Glarner) vereinigt, doch gab es in der Gruppe auch Surrealisten wie Le Corbusier, Oppenheim und Seligmann. Auch Max von Moos und Hans Erni gehörten dazu.
Titelbild (Ausschnitt):
Jean-Pierre Viollier (1896-1985). Méditations genevoises, 1934. Detail. Association des
Amis du Petit Palais, Genève.
Max von Moos (1903-1979). Schlangenzauber, 1930. Privatbesitz. |
Woher stammt der Surrealismus?Der Begriff geht auf den französischen Dichter >Guillaume Apollinaire (1880-1918) zurück. Er gab dem Titel seines Theaterstückes «Les mamelles de Tirésias» (Brüste der Tiresias) den Zusatz «drame surréaliste» (sur-réaliste, über-natürlich).
In seiner Einleitung schreibt er, er wolle mit diesem Ausdruck eine neue Kunstrichtung einleiten, die den Naturalismus und Realismus eines Victor Hugo ablösen solle.
Ein weiterer französischer Schriftsteller –
Berühmte internationale Surrealisten >Salvador Dalì >René Magritte >Joan Mirò
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Paul Klee
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Die Vorläufer Paul Klee und Hans Arp
André Breton sieht in Klee zwar einen Vorläufer des Surrealismus, aber er empfindet dessen Werke als «zu hübsch». Und vor allem entsprechen sie nicht seinen Vorstellungen des Surrealismus: Breton fehlt der «psychische Automatismus».
Darunter versteht man ein Kunstschaffen, bei dem der Künstler die bewusste Kontrolle über den Herstellungsprozess zugunsten des Unbewussten aufgibt. Klee ist zwar bei den französischen Dichtern und Schriftstellern ein Thema, aber kaum bei seinen Pariser Malerkollegen.
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Hans Arp (1886-1966). Frucht unterwegs, 1965. |
Hans Arp (1886-1966)
1916 einer der Mitbegründer der Dada-Bewegung im Cabaret Voltaire in Zürich, taucht immer wieder unter den Surrealen auf. Er nimmt 1927 an der Pariser Surrealisten-Ausstellung teil, für die André Breton das Vorwort schreibt.
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Kurt Seligmann (1900-1962). Le sous-marin, 1931. |
Kurt Seligmann (1900-1962)
1929 zieht der Basler nach Paris und nimmt ein Jahr später am «Salon des Surindépendants» teil, der eine Art Gegenmanifestation zum Surrealismus war.
Aber eigentlich ist er am Surrealismus interessiert, der «mit der Idealisierung des Maschinellen aufräumt», wie er seinem Tagebuch anvertraut. An der 1938 von André Breton organisierten «Exposition Internationale du Surréalisme» ist er mit 13 Werken vertreten und mit Max Ernst und Joan Mirò in bester Gesellschaft.
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Serge Brignoni (1903-2002). Ohne Titel, 1928. Jeanne Bucher Jaeger, Paris. |
Serge Brignoni (1903-2002)
Der Tessiner kommt 1923 nach Paris. Er studiert an der Académie Lhote. 1926 kann er seine Werke in der Galerie von Odette Luce zeigen und erhält 1930 seine erste eigene Ausstellung bei Jeanne Bucher. Sie habe ihn ausgewählt, weil seine Werke «stark an die Malerei von >Giorgio di Chirico erinnerten», erklärt sie.
1940 muss er Paris verlassen, ein Teil seiner Bilder wird während des Krieges zerstört oder gehen verloren. 1985 schenkt Brignoni den Grossteil seiner Sammlung der Stadt Lugano, wodurch das «Museo delle culture extraeuropee» entstehen kann.
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Ohne Titel. Privatsammlung
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Gérard Vulliamy (1909-2005)
Er ist Schweizer, wird aber in Paris geboren und lebt sein ganzes Leben lang dort. Auch er studiert, wie Serge Brignoni, in der Académie André Lhote, tritt der Gruppe Abstraction-Création bei und hat Kontakte zu >Robert Delaunay und Piet Mondrian.
1934 nähert er sich den Surrealisten an. 1938 nimmt er an der Exposition Internationale du Surréalisme teil.
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Totenklage, 1936. Privatbesitz. |
Max von Moos (1903-1979)
Der Luzerner ist der Sohn des Malers Joseph von Moos, Leiter der Luzerner Kunstgewerbeschule. Auch Max wird später dort Lehrer (1933). Seine Bilder zeigen oft verängstigte, verzweifelte Menschen in absurden oder ausweglosen Situationen. 1966 erhält er den Kunstpreis der Stadt Luzern.
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Méditations genevoises, 1934. Association des Amis du Petit Palais, Genève.
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Jean-Pierre Viollier (1896-1985)
Der Genfer trifft gerade in Paris ein, als der Surrealismus 1924 erstmals von sich reden macht. Er lässt in seine realistischen Landschaften Bilder aus Märchen und aus der Mythologie einfliessen und erinnert damit an Werke von >René Magritte.
Viollier sieht sich nicht als Surrealist im Sinne von André Breton. Vielmehr sei es spontane Inspiration, die ihn zum Surrealismus gebracht hätten.
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Sonne, Mond und Sterne, 1942. Privatsammlung Bern. |
Meret Oppenheim (1913-1985)
Auch sie eine Schweizerin, die im Ausland geboren wird: in Berlin. 1933 lernt sie Max Ernst kennen, mit dem sie eine Liebesbeziehung hat. Als May Ray von ihr Aktfotos macht, verpasst man ihr den Ruf einer «Muse der Surrealisten». Sie verkehrt in den Kreisen von André Breton und Marcel Duchamp. Mit ihrem surrealistisches Meisterwerk «Déjeuner en fourrure» – eine pelzbezogene Kaffeetasse samt Unterasse und Löffel – begründet sie ihren Ruhm.
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Le Château de |
Niki de Saint Phalle (1930-2002)
Sie kommt in einem Pariser Vorort zur Welt und verbringt ihre Jugendjahre in den USA. Schweizerin wird sie durch die Heirat mit Jean Tinguely im Jahr 1971. Sie ist keine reine Surrealistin. Bekannt wird sie vor allem durch ihre «Nanas», diese üppigen Frauenfiguren, die allerdings einen surrealen Charakter haben. Einen Namen macht sie sich als Aktionskünstlerin. Und vor allem mit ihrem «Giardino dei Tarocchi» in der Toscana.
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Fotos Schweizer Surrealistinnen
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