Mehr als 200 Jahre alt ist dieses Museum. Es geht auf den Frankfurter Bankier und Gewürzhändler Johann Friedrich Städel (1728-1816) zurück, der ein Jahr vor seinem Tod sein Haus, sein Vermögen und eine stattliche Kunstsammlung der Stadt Frankfurt vermachte. Das «Städelsche Kunstinstitut» solle fortan den Frankfurter Bürgern offen stehen, vermerkte er in seinem Testament. Das war 1815.
Städel Museum Frankfurt am Schaumainkai.
Städels Kunstsammlung war zunächst in seinen Wohnräumen am Rossmarkt untergebracht. Dort wurde der Platz rasch knapp. 1833 zog die Sammlung in das Palais des Freiherrn von Vrints-Treuenfeld in der Neuen Mainzer Strasse.
1878 erfolgte der nächste Umzug – an den heutigen Standort am Schaumainkai. Diesmal erhielt die umfangreiche Sammlung ein Gebäude, das eigens als Gemäldegalerie entworfen worden war.
Als 1933 Hitler und die Nazionalsozialisten die Macht übernahmen, stand das Museum vor einer grossen Herausforderung. Es wurde schwierig, Ausstellungen zu organisieren, die den Vorgaben der Nazis zuwider liefen. 1937 beschlagnahmten die Nazis 77 moderne Gemälde, weil sie als «entartet» deklariert wurden. Mehr über >entartete Kunst.
Bei Kriegsbeginn 1939 wurden die meisten Werke vorsorglich evakuiert. 1943 schloss das Museum ganz, und 1944 wurde es von Bomben getroffen und stark beschädigt.
Nach dem Krieg folgte ein langwieriger Wiederaufbau. Die Kunstwerke mussten aus den Auslagerungsorten rückgeführt und das teilzerstörte Gebäude renoviert werden. All das dauerte bis 1963. Erste Neuzugänge waren zu vermelden, und nach und nach gelang es auch, einige der 1937 beschlagnahmten und dem Museum entwendeten Werke zurück zu kaufen.
1996-1999 renovierte man das Hauptgebäude. Das Museum begann wieder zu wachsen, vor allem die Abteilung Gegenwartskunst nahm stark zu – dank Schenkungen diverser Unternehmen, Banken, Privatleuten und Künstlern.
2007 schrieb man einen Architekturwettbewerb für einen Erweiterungsbau aus, in dem die Gegenwartskunst ab 1945 untergebracht werden sollte. Dieser konnte 2012 eröffnet werden. Es ist eine raffinierte Konstruktion: Die komplett unterirdische Ausstellungshalle wird ganz von Tageslicht durchflutet. Von aussen ist nur eine riesige Wiesenfläche zu erkennen, in die Glasrondellen eingelassen sind – das sind die Oberlichter der neuen Halle.
Oberlichter von oben und von unten gesehen...
Der unterirdische Erweiterungsbau bescherte dem Museum eine grosszügige neue Ausstellungsfläche von über 3000 Quadratmetern. Er kostete 52 Mio Euro und wurde zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln finanziert, der Rest kam aus privaten Spenden zusammen.
Während des Baus der Erweiterung für die Gegenwartskunst wurde gleichzeitig der Altbau komplett saniert. In diesem sind heute die Alten Meister und die Kunst der Moderne untergebracht.
Titelbild (Ausschnitt)
Massimo Stanzione (1586-1656).
Susanna und die beiden Alten, 1630-35.
Städel Museum Frankfurt.
>mehr über Susanna und die beiden Alten
Hans Holbein d.Ä. (1465-1525). Auferstehung Christi, 1501.
Sandro Botticelli (1445-1510). Weibliches Idealbildnis (Simonetta Vespucci als Nymphe), 1480.
Jan Steen
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Meisterhaftes von alten Meistern
Die ursprüngliche Sammlung von Johann Friedrich Städel umfasste 500 Werke. Im Laufe des 19. Jhts wurden 400 davon verkauft – um mit dem Geld «bessere Werke zu kaufen», wie es der Gönner in seinem Testament verfügt hatte. Zu den Highlights der heutigen Sammlung gehören die grossen deutschen Maler wie Dürer, Altdorfer, Cranach, Holbein, Elsheimer und weitere. Zu den ältesten Werken zählen die verstörenden «Märtyrer-Bilder» von Stefan Lochner aus dem Jahr 1435.
Noch früheren Datums sind Werke von Künstlern südlich der Alpen. Vom Italiener da Modena (1328-1386) stammt eine beeindruckend emotional blickende Madonna mit Kind aus dem Jahr 1367; von Sandro Botticelli (1445-1510) ein herrliches Frauenbildnis von 1480. Auch Werke von Perugino, Veronese und Tizian sind zu bestaunen.
>Fotogalerie italienische Meister
Einen bedeutenden Schwerpunkt der Sammlung bilden die niederländischen Meister, die mit ihrer exquisiten Ölmalerei und der damit verbundenen Detailgenauigkeit begeistern, wie es mit der alten Tempera-Technik kaum möglich war. In der Sammlung glänzen Namen wie van Eyck, van der Weyden, Rembrandt, Vermeer, Rubens, Teniers, Brouwer und viele weitere.
>Fotogalerie niederländische Meister
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Anselm Feuerbach (1829-1880). Lucrezia Borgia, 1862-66.
Max Liebermann (1847-1935). Samson und Delilah, 1902. |
Deutsche Moderne 19./20. Jahrhundert
Allein die Sammlung der Moderne umfasst rund 1200 Werke – unmöglich, die alle ständig sichtbar zu machen. So wird laufend neu gehängt, und bei jedem Museumsbesuch kann man etwas Neues entdecken. Früher waren die deutschen und die französischen Werke strikte getrennt. Heute präsentiert man sie (teilweise) zusammen.
So ist zum Beispiel die Sammlung der >Brücke um Kirchner, Heckel & Co mit Werken von Munch und >Matisse ergänzt – mit Künstlern also, die schon damals «eingeladen» wurden, dieser Vereinigung beizutreten, die das aber verweigert hatten.
Das Museum zeigt neben den deutschen Expressionisten auch Werke der Neuen Sachlichkeit und natürlich grosse Namen wie den berühmten Impressionisten >Max Liebermann.
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Auguste Renoir (1841-1919). La fin du déjeuner, 1879.
Félix Vallotton (1865-1925). Blonder Akt, 1921. |
Internationale Moderne 19./20. Jahrhundert
Klar, dass in dieser Abteilung die französischen Modernen eine bedeutende Rolle einnehmen. Da sind ältere Werke ab 1826 von Corot, Delacroix, Courbet & Co zu sehen, aber natürlich auch die neueren von Monet, Degas, Manet, Renoir, Bonnard, Rousseau, Braque, Matisse und die Bildhauer Laurens und Rodin.
Besondere Highlights unter den Franzosen sind «La fin du déjeuner» von Auguste >Renoir und «Le déjeuner» von Claude >Monet, aber auch «Der heilige Hieronymus mit dem Löwen» von Jean-Léon Gérôme, der erst spät als Zukauf in die Sammlung gekommen ist.
Auch berühmte Schweizer sind in der Sammlung zu finden – wie Arnold Böcklin, Giovanni Segantini oder >Félix Vallotton.
Bei den übrigen Internationalen stechen russische Namen wie Archipenko, Jawlensky oder Marc >Chagall ins Auge. Und andere Berühmte wie der Amerikaner Lionel Feininger oder die Skandinavier Johan Christian Dahl und Edvard >Munch. |
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Georg Baselitz (1938), Adler, 1982.
Nobuyoshi Araki (Tokio 1940). Ohne Titel (Kinbaku), 2008.
Gerhard Richter (1932). Kahnfahrt, 1965.
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Gegenwartskunst ab 1945
Eine solch umfangreiche Sammlung von Werken zeitgenössischer Kunst würde man in diesem «altehrwürdigen» Museum nicht vermuten. In den letzten Jahren konnte das Städel mehr als 1000 kontemporäne Arbeiten ab 1945 als Geschenke entgegen nehmen. Gönner waren vor allem die deutsche Bank und die Bank DZ, aber auch andere Unternehmen, Privatleute und vor allem Künstler.
Beeindruckend ist die unterirdische Halle, die eigens für die zeitgenössische Kunst gebaut wurde. Sie erstrahlt in Tageslicht, das durch Licht-Rondellen erzeugt wird, die als Oberlichter in die (Wiesen-)Decke eingelassen sind.
Neben zeitgenössischen Gemälden sind auch diverse Installationen zu sehen. Auch die Fotografie hat hier ihren fixen Platz bekommen – diese ist heute «gleichberechtigt» zu den Gemälden in die Sammlung integriert.
Berühmte Namen wie Wolfgang Tillmans (Jahrgang 1968) und bedeutende Fotografen wie der Japaner Nobuyoshi Araki (1940) oder der Spanier Santiago Sierra (1966) sind vertreten, aber auch einheimische Stars wie >Gerhard Richter, der ja für seine exklusiven Ölgemälde die Fotografie als Ausgangspunkt verwendet. |