Er malt auch Porträts und Landschaften und Stillleben und Interieurs, fertigt auch Holzschnitte und befasst sich mit dem >Japonismus – aber er selbst bezeichnet
sich als Akt-Maler.
Félix Vallotton, Selbstbildnis 1905.
Kunsthaus Zürich.
Félix Vallotton kommt in Lausanne als Sohn eines Drogisten zur Welt und zieht schon als Teenager nach Paris. Dort schreibt er sich in die >Ecole des Beaux-Arts ein, studiert aber nicht dort, sondern in der >Académie Julian. Bereits drei Jahre später kann er im Salon des Artistes Français ausstellen. In der Schweiz sind seine Arbeiten erst 1890 zum ersten Mal zu sehen – an der Exposition Nationale Suisse des Beaux Art, in Bern.
In Paris schliesst er sich der «Rebellengruppe» der >Nabis an, zusammen mit seinen Malerfreunden
>Edouard Vuillard, >Pierre Bonnard und Maurice Denis. Kopf der Gruppe ist Paul Sérusier. Sie befasst sich nicht nur mit Malerei und Bildhauerei, sondern auch mit Drucktechniken, Buchillustrationen und mit dem japanischen Holzschnitt.
Furore macht Vallotton dann mit seinem Gemälde
«Das Bad am Sommerabend», das er 1893 im Salon des Indépendents in Paris zeigt. Ein «Skandalbild» mit nackten badenden Damen, das ihm Aufmerksamkeit bringt – und den künstlerischen Durchbruch.
Der nächste Durchbruch, der finanzielle, erfolgt 1899:
Er heiratet die Tochter des einflussreichen Pariser Kunsthändlers Alexandre Bernheim (Galerie Bernheim-Jeune). Das öffnet ihm die Türen zur Pariser Gesellschaft und macht ihn finanziell unabhängig. Nun kann er sich ganz der Malerei widmen.
1900 wird er französischer Staatsbürger. Er pflegt aber auch seine Kontakte und Freundschaften in der Schweiz. So berät er das Sammler-Ehepaar Arthur und Hedy Hahnloser beim Aufbau einer Kollektion mit französischen Modernen in der Villa Flora in Winterthur.
>mehr über die Sammlung Hahnloser
Seine erste Einzelausstellung in der Schweiz bietet ihm 1910 das Kunsthaus Zürich. Auch hier verursachen seine freizügigen Nackedeien einen Skandal, mehr noch als siebzehn Jahre zuvor in Paris: In Zürich verwehrt man den Jugendlichen sogar den Zutritt zur Ausstellung. Von den 1700 Gemälden, die Vallotton im Laufe seines Lebens geschaffen hat, sind rund 600 dem weiblichen Akt gewidmet.
Félix Vallotton ist nicht nur Kunstmaler, sondern auch Schriftsteller. Er schreibt Romane und Theaterstücke. Sein Roman «La vie meurtrière» wird zwei Jahre nach seinem Tod posthum veröffentlicht.
Ab 1920 ist er gesundheitlich angeschlagen, dennoch fallen in diese Lebensphase einige seiner starken Werke. Wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag stirbt Félix Vallotton im Dezember 1925 nach einer Krebsoperation. Er ist auf dem Pariser Friedhof von Montparnasse beerdigt.
>Vallotton im Musée des Beaux-Arts de Lausanne
>Vallotton, Bonnard und die Nabis (Bern 2022)
>Ausstellung Vallotton in Winterthur 2025
Titelbild (Ausschnitt)
Felix Vallotton (1865-1925).
Le repos des modèles, 1905.
Kunst Museum Winterthur Reinhart.
Félix Vallotton (1865-1925). |
1892: Frühwerk, La Malade
Es entsteht in einer Zeit, als andere sich bereits dem Postimpressionismus verschrieben haben. Vallotton geht aber seinen eigenen Weg. Als Anhänger von >Albert Anker und >Charles Gleyre übernimmt er auf diesem Bild deren Naturalismus und fertigt es in ausgeprägter Detailtreue. >mehr
Kurz danach wechselt er zum Modernismus.
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Félix Vallotton (1865-1925).
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1892: Le bain au soir d'été –
Nicht verwunderlich, dass er mit diesem Gemälde – gezeigt am >Salon des Indépendents von 1893 in Paris – einen Skandal entfacht.
Einige der Damen, junge und ältere, glauben sich in diesem Bild in wenig vorteilhafter Pose zu erkennen.
Für den Künstler ist das Werk ein grosser Erfolg. Mit einem Schlag ist seine Karriere lanciert.
Das Bild gelangt 1965 ins Kunsthaus Zürich, es ist ein Ankauf der Gottfried Keller-Stiftung. In Zürich wird es vor der Ausstellung von 2015 «Monet, Gauguin, van Gogh» restauriert.
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Félix Vallotton (1865-1925).
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1896: Holzschnitt «La Paresse»
Anerkennung findet Vallotton auch mit seinen Holzschnitten, die er in der Frühzeit seiner Karriere fertigt. In der >Académie Julian trifft er schon 1882 auf Künstler wie Maurice Denis, Paul Sérusier und Edouard Vuillard, die späteren Mitglieder der Künstlergruppe der >Nabis. Das Ziel der Nabis ist die Überwindung des Impressionismus. Sie befassen sich auch mit dem japanischen Holzschnitt.
Vallotton veröffentlicht seine Holzschnitte in den 1890er-Jahren mit grossem Erfolg in mehreren internationalen Blättern. Unter anderen in «Pan» und «La Revue blanche». In der Zeitschrift «L’Art et l’Idée» werden seine Holzschnitte sogar als «Renaissance des Künstler-Holzschnitts» gewürdigt.
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Félix Vallotton (1865-1925). La maitresse et la servante, 1896. Privatkollektion. WikiCommons.
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1896: Maitresse et servante
Meisterin und Dienerin – ein Thema, das nicht nur Vallotton fasziniert. Auch Vermeer und Manet haben sich damit befasst.
Zu diesem Bild stellen sich etliche zeitgenössiche Kritiker die Frage, ob der Titel wohl zuträfe – oder ob es sich hier um zwei verliebte Frauen handeln könnte. Ähnliche Überlegungen gibt es auch zu Vallottons Hauptwerk «La Blanche et la Noire», das 17 Jahre später ensteht: 1913.
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Félix Vallotton (1865-1925). La Blanche et la Noire, 1913. Hahnloser-Jaeggli-Stiftung.
Edouard Manet (1832-1883). Olympia, 1863. Musée d'Orsay,
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1913: La Blanche et la Noire
Dieses Gemälde von Félix Vallotton ist einem Motiv von Edouard Manet nachempfunden, in dem eine nackte Weisse (Prostituierte?) und eine schwarze Dienerin vorkommen.
In Vallottons Version wird die schwarze 'Dienerin' zu einer selbstbewussten und Zigarette rauchenden Freundin (oder Kollegin?). Es darf spekuliert werden.
In Manets Skandalbild von 1863 sind die Rollen hingegen klar verteilt: Seine Olympia – Synonym für Prostituierte – wird von einer schwarzen Dienerin betreut.
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Félix Vallotton (1865-1925). Femme nue regardant dans un psyché 1906. WikiCommons. |
1906: Femme nue regardant dans un psyché
Mit Psyche hat das Wort nichts zu tun. Im Französischen steht esganz einfach für Ankleidespiegel.
Von der mehr symbolistischen Form wie beim «Le bain de soir d'été» von 1892 (Bad am Sommerabend) löst sich Vallotton nach und nach und bildet seine nackten Frauen immer naturalistischer ab – ungeschönt und ohne zu idealisieren, auch dann nicht, wenn seine Modelle keinen «perfekten» Körper haben.
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Félix Vallotton (1865-1925). La chaste Suzanne, 1922. Musée Cantonal de Lausanne. |
1922: Die keusche Susanne
Ein beliebtes Thema für Akt-Maler: «Susanna und die zwei Alten». Weil die Geschichte aus der Bibel stammt, darf man eine nackte Frau abbilden, die von zwei Männern bedrängt wird. Ausgerechnet der Akt-Maler Vallotton verzichtet aber darauf.
Er zeigt seine Susanne nicht als bedrängtes halbnacktes Opfer wie alle anderen, sondern als selbstbewusste Frau im Gespräch mit den beiden Alten. Wie andere Künstler die Szene seit Jahrhunderten darstellen, hier:
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Félix Vallotton (1865-1925). Femme nue tenant un livre, 1924. Kunsthaus Zürich. |
1924: Femme nue tenant un livre
Knallige Farben und viel weibliche Rundungen machen aus diesem Werk einen Hingucker.
Es gehört zur permanenten Sammlung des Kunsthauses Zürich.
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Felix Vallotton (1865-1925). Femme au collier bleu, 1925. Kunst Museum Winterthur Reinhart.
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1925: Femme au collier bleu
Eines von Vallottons letzten Gemälden – es entsteht in seinem Todesjahr 1925. Mit diesem Werk bestätigt er gewissermassen sein Lieblingsthema Akte.
Er malt diesen Halbakt der «femme au collier bleu» ausgesprochen naturalistisch und verzichtet auf jegliche Beschönigung, Idealisierung oder Symbolisierung.
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Fotos / Diashow
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>mehr über Félix Vallotton im Musée des Beaux-Arts, Lausanne
>Ausstellung Vallotton, Bonnard und die Nabis (Bern 2022)
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