Marianne Werefkin (1860-1938)


Sie kommt aus so gutem Haus, dass man sie eigentlich
«von» Werefkin nennen müsste. Ihre Eltern sind Adlige. Der Vater kommandiert ein Regiment des Zaren und wird General in St. Petersburg. Die Mutter stammt aus einer alten Kosakenfürstenfamilie.

 

Mit 20 wird sie Privatschülerin des grossen russischen Malers Ilja Repin – ein Vertreter des Realismus. In Moskau studiert sie Malerei. Schon ihr ersten akademischen Gemälde sind so stark, dass man sie als «russischen Rembrandt» bezeichnet. Die Werke aus jener Zeit sind allerdings verschollen.

 

Nach dem Tod ihres Vaters zieht sie 1896 nach München. Zusammen mit ihrem Freund Alexej Jawlensky – und einem Dienstmädchen. Sie kann es sich leisten, sie bezieht die Rente ihres Vaters. Nun tingelt sie durch Europa, fährt in die Bretagne, nach Paris, nach Arles, nach Marseille.

 

 

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Marianne Werefkin (1860-1938).
Idillio d'autunno, 1910.

 

 

Ab 1907 malt sie expressionistisch, orientiert sich an van Gogh, Paul Gauguin, Henri de Toulouse-Lautrec. 1908 trifft sie sich mit dem Künstlerpaar Kandinsky/ Münter in Murnau, wo sie gemeinsam malen. 1909 gründet sie mit Jawlensky die N.K.V.M. , die «Neue Künstlervereinigung München». Dazwischen ist sie wieder in Russland, dann besucht sie 1911 Henri Matisse. Ein aufregendes Künstlerleben.

 

Der Erste Weltkrieg zwingt sie, Deutschland zu verlassen. Sie zieht 1914 in die Schweiz, hat 1916 eine Einzelausstellung in Zürich.

 

Doch mit dem unbeschwerten Künstlerleben ist es ab 1917 vorbei – ihre väterliche Rente wird gestrichen, die russische Revolution hat das zaristische Regime weg gefegt. Ihren Lebensunterhalt muss sie sich nun verdienen.

 

1921, da lebt sie bereits in Ascona, trennt sie sich von Jawlensky. Die staatenlose Emigrantin befreundet sich mit den Zürcher Malern Willy und Katharina Fries (eine geborene >Righini). Zum Lebensunterhalt malt sie Plakate und Bildpostkarten und schreibt Artikel für die NZZ, wird aber auch von Freunden wie Diego und Carmen Hartmann finanziell unterstützt.

 

1938 stirbt sie am 6. Februar in Ascona und wird nach russisch-orthodoxem Ritus auf dem Friedhof Ascona beerdigt. Viele ihrer Werke – es sind über 90 Gemälde – gelangen in die Fondazione Marianne Werefkin in Ascona. Zu sehen sind sie im

 

>Museo Comunale d'Arte Moderna Ascona.

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Marianne Werefkin(1860-1938).

Il cenciaiolo (der Lumpensammler), 1917.

Fondazione Marianne Werefkin, Ascona.

 

 

 

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Werefkin.
Selbstportrait 1893.

 

Die Suche nach dem eigenen Malstil

 

Werefkin malt bis zum Alter von etwa 40 Jahren vorwiegend klassisch-akademisch – wie sie es bei Ilja Repin gelernt hat.

 

1903 kommt sie in Paris mit zeitgenössischen französischen Gemälden in Kontakt und findet Gefallen daran. Nun deklariert sie für sich selbst, «dass man sich in der neuen Malerei von den natürlichen Farben loslösen müsse und dass der subjektiven Sichtweise des Künstlers mehr Raum gewährt werden soll». Und dass Emotionen in der Kunst wichtig seien.

 

 

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Jawlensky
Selbstportrait.
1912.
 

 

Die Beziehung zu Alexej Jawlensky

 

Jawlensky ist fünf Jahre jünger und hat eben mit malen begonnen, während Werefkin bereits einen klingenden Namen als Künstlerin hat und von einigen als «russischer Rembrandt» bezeichnet wird. An eine Heirat mit Jawlensky denkt sie nicht – es ist aber der Beginn einer fast drei Jahrzehnte langen Freundschaft – sie dauert von 1892 bis 1921.

 

Selbstporträt 1912. Alexej von Jawlensky (1864-1941). Schloss Belvedere, Wien.

 

 

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Werefkin, 1907. La Scuola.

 

 

1907: Erste expressionistische Werke

 

Ihre 1903 gefassten Vorsätze (Loslösung von den natürlichen Farben) setzt sie nun konsequent um. Die ab jetzt enstehenden Bilder zeichnen sich alle durch knallige Farben und satte, flächige Töne aus.

 

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Il Danzatore Alexander Sacharoff, 1909.

 

 

1909: Neue Künstlervereinigung München

 

Werefkin und Jawlensky gründen die N.K.V.M.
Wassily Kandinsky wird zum ersten Vorsitzenden gewählt.

 

Der Tänzer Alexander Sacharoff (Bild) wird
Mitglied der N.K.V.M.

 

Zu Werefkins Freundeskreis in der Münchner Zeit der N.K.V.M. gehören auch der Schweizer Künstler Cuno Amiet sowie Paul Klee und seine Frau Lily.

 

 

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L'albero rosso, 1910.

 

1912: Ausstellungen in München und Berlin

 

Nach Kandinsky (1911) treten auch Werefkin und Jawlensky aus der N.K.V.M. aus (1912). Mehr in ist jetzt der >Blaue Reiter, an dessen Ausstellungen sich Marianne Werefkin beteiligt, ohne aber Mitglied zu werden. Sie stellt auch in Berlin aus, im Rahmen der Events der >Neuen Secession Berlin.

 

1913 ist sie wieder bei einer Ausstellung des Blauen Reiters dabei – in Herwarth Waldens Berliner Galerie «Der Sturm».

 

 

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La Montagna, 1918.

 

1914: Übersiedlung in die Schweiz.

 

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 müssen Werefkin/Jawlensky Deutschland innert 24 Stunden verlassen – sie ziehen in die Schweiz an den Genfersee (Saint-Prex).

 

1916 hat sie eine Einzelausstellung in Zürich. Werefkin und Jawlensky ziehen nach Zürich um, 1918 gehts an den Lago Maggiore nach Ascona.
Dort leben die beiden als staatenlose Emigranten. 1921 trennen sie sich, Jawlensky zieht nach Wiesbaden.

 

 

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La famiglia, 1922.

 

1922: Gründung des Museo Comunale Ascona

 

Marianne Werefkin und Ernst Kempter (1891–1958) sind die Initiatoren. Sie fordern Künstler der Region auf, für das neue Museum der Gemeinde Ascona Werke zu spenden. 50 Künstler machen mit. Werefkin schenkt dem Museum fünf Werke.

 

1924 ist sie in Ascona Mitbegründerin der Künstlergruppe «Der Große Bär». Mit dabei sind Walter Helbig, Ernst Frick, Albert Kohler u.a.

 

Die neue Künstlergruppe hat eine grosse Ausstellung 1925 in der Berner Kunsthalle, eine weitere 1928 in der Berliner Galerie Nierendorf gemeinsam mit Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff und Robert Genin.

 

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Fotos / Diashow

 

 

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