Pietro Longhi (1701-1785)


Als Vertreter des venezianischen Rokoko malt er Fresken, Altarbilder und Porträts. Bekannt ist er vor allem für seine «Konversationsstücke», die private Szenen aus der gehobenen Gesellschaft abbilden.

 

 

Pietro Longhi (1701-1785).
Vermutliches Selbstporträt 1759.

Ca'Rezzonico Venezia.

 

 

Eigentlich heisst er Falca nach seinem Vater Piero, einem Silberschmied in Venedig. Den Namen Pietro Longhi verpasst er sich, als er 1733 in die venezianische «Fraglia dei Pittori» eintritt – wie er auf den Namen Longhi kommt, ist nicht bekannt. 1756 wird er Mitglied in der «Accademia di pittura e scultura» in Venedig. Dort lehrt er später auch, bis 1780.

 

Mit seiner Ehefrau Caterina Maria Rizzi zeugt er elf Kinder, von denen aber nur drei überleben. Sein einziger überlebender Sohn Alessandro Longhi wird ebenfalls Maler.


Longhis erste Werke – religiöse und mythologische – sind noch von spätbarocken Einflüssen geprägt, wie sein bekanntes Fresko im Venezier Palazzo Sagredo «Gigantensturz».

 

Seine wichtigsten Auftraggeber in Venedig sind die Familien Grimani, Querini, Pisani und Manin. Für die Kirche San Pantalon in Venedig malt er 1745 Fresken der Madonna mit Kind, Heiligen, Engeln und Märtyrern.

 

Zum Genre «Konversationsstücke» gelangt er über sein Vorbild Giuseppe Maria Crespi, einem Maler aus Bologna.

Neben den Ridotti (=Konversationsstücke) malt Longhi auch erfolgreich Einzel- und Gruppenporträts. Aufträge dafür erteilen ihm Adelsfamilien weit über Venedig hinaus.

 

 

Pietro Longhi (1701-1785). Porträt

der Marchesa Concina di Udine.

Städel Museum Frankfurt.

 


 

1763 leitet er die von der Adelsfamilie Pisani gegründete «Akademie für Zeichnen und Schnitzen», die aber bereits 1766 wieder geschlossen wird. In der Folge legt Longhi den Schwerpunkt auf die Porträtmalerei, an der auch sein Sohn Alessandro teilnimmt.

 

Pietro Longhi stirbt am 8. Mai 1785 in Venedig.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Pietro Longhi (1701-1785).

Il risveglio della dama, 1760.

Ca'Rezzonico Venezia.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pietro Longhi (1701-1785). Il risveglio della dama, 1760. Ca'Rezzonico Venezia.

 

Pietro Longhi (1701-1785). Ridotto a Venezia.


Was sind «Konversationsstücke»?

 

Man versteht darunter bildliche Schilderungen von gesellschaftlichen Anlässen, vornehmlich in privaten gehobenen Kreisen (seltener auch in bäuerlicher Umgebung, dies in der niederländischen Malerei).

 

Der Venezier Pietro Longhi hat sich in diesem Genre einen klingenden Namen geschaffen. Seine Werke nennt man Ridotti (Singular: Ridotto).

 

In diesen zeigt der Künstler die reiche venezianische Oberschicht meist in ihren privaten Räumen – oftmals humoristisch und selbstironisch. In Karnevalsszenen kommen auch der spielerische Tabubruch und die Doppelmoral aufs Tapet.

Auch in der französischen und englischen Malerei kommt dieses Genre im 18. Jahrhundert in Mode, zum Beispiel in den fêtes galantes von Künstlern wie >Antoine Watteau oder >J.H. Fragonard.

 

In England ist es >William Hogarth, der mit diesen «conversation pieces» spielt.

 

 

 

Pietro Longhi (1701-1785). Il cavadenti, 1760. Pinacoteca di Brera Milano.

 

 

Der Zahnzieher

 

Schon seit dem 15. Jahrhundert ist das Motiv des Zahnziehers bei europäischen Malern beliebt, von Dürer bis van der Leyen und von Caravaggio bis Merisi – ein typisches Konversationsstück.

 

Longhis Beitrag zeigt ein Publikum, das sich vom grausligen Vorgang des Zahnziehens nicht ablenken lässt und sich mit anderen Dingen amüsiert. Die «Zahnärzte» jener Zeit hatten den Ruf von Scharlatanen. Deshalb das Sprichtwort «Ein Lügner wie ein Zahnzieher». Vielleicht logen diese dem armen Opfer vor, dass es nicht weh tue...


 

Pietro Longhi (1701-1785). La lezione di danza, 1741. Galleria dell'Accademia, Venezia.
 

 

Die Tanzstunde im Privatzimmer

 

Typisch für «Konversationsstücke» ist vor allem, dass sie in privaten Räumen der Oberschicht spielen. Diese Tanzstunde ist ein schönes Beispiel dafür: Ein gediegenes Privatgemach, eine für die «Trainingsstunde» bemerkenswert elegant ausstaffierte Tanzschülerin und der übertrieben höfisch-galante Tanzlehrer (vielleicht ist es ja auch der Hausherr selbst? – seinen Degen hat er auf dem Stuhl im Vordergrund abgelegt) – und das Ganze wird von einer hoch nobel gekleideten Dame des Hauses begutachtet.

 

 

Pietro Longhi (1701-1785). Il rinoceronte, 1751. Ca'Rezzonico Venezia.

 

 

Ein Rhino für die feine Gesellschaft

 

Gesellschaftsanlässe sind ein beliebtes Motiv für die «Konversationsmaler». In diesem Bild versammeln sich die Grimani (eine venezianische Adelsfamilie aus dem 13. Jahrhundert, die drei Dogen stellte) für eine Show mit dem indischen Panzernashorn Clara, das zwischen 1746 und 1758 in mehreren europäischen Hauptstädten ausgestellt wurde. 1751 war Venedig an der Reihe. Der Künstler zeigt den Dompteur, wie dieser stolz das Horn präsentiert, das er dem armen Tier im Jahr zuvor in Rom abgesägt hatte.

 

 

Pietro Longhi (1701-1785). Matrimonio, 1755-57. Pinacoteca Querini Stampalia, Venezia.

 

Palazzo Querini Stamaglia im Sestiere Castello.

 

Sieben Sakramente für den Admiral

 

Dieses Gemälde, das die feierliche Zeremonie einer Hochzeit zeigt, ist Teil einer siebenteiligen Serie der >Sieben Sakramente, die Longhi 1775-77 fertigte.

 

Auftraggeber war ein Admiral der österreichisch-venezianischen Flotte, Andrea Maria Querini Stampalia – der die Bilder in seinem Schlafzimmer im Palazzo Querini hängen hatte. Die Querini gehörten seit dem 13. Jahrhundert zu Venedigs reichsten Familien.

 

Nach dem Tod des letzten Eigentümers, Conte Giovanni Querini Stampalia im Jahr 1869, hinterliess dieser den Palast und seine Kunstsammlung der Stadt Venedig. Heute ist es ein Museum unter dem Namen «Fondazione Querini Stampalia».

 

Die Gemäldesammlung enthält neben Werken von Pietro Longhi auch solche von Bellini, Tiepolo, Strozzi, Raffael, Veronese, Tizian und Tintoretto.

 

 

   

 

 

 

Grosse Künstler Venedigs

während der Blütezeit (16. Jahrhundert)

 

 

>Giovanni Bellini (1430-1516)

 

>Giorgione (1478-1510)

 

>Jacopo Palma d.Ä. (1480-1528)

 

>Tizian (1490-1576)

 

>Paris Bordone (1500-1571)

 

>Jacopo Tintoretto (1518-1594)

 

>Paolo Veronese (1528-1588)