Ausstellung «Woher kommst du?»,

Kunstmuseum Luzern, 24.2. bis 17.11.2024

 

Kleine Einführung in die Museologie


Könnte es sein, dass die heissen Diskussionen um die >Gurlitt-Sammlung in Bern oder die noch höhere Wellen werfende >Bührle-Sammlung in Zürich auch das Kunstmuseum Luzern aufgeschreckt haben? In der Tat kommt heute kein Museum mehr an diesen kniffligen Fragen vorbei. Alle fragen sich, ob sich in ihren Depots möglicherweise auch Werke befinden könnten, die mit der düsteren Nazi-Vergangenheit zu tun haben. Luzern ist diesbezüglich nicht besonders verdächtig, dennoch stellt sich das Kunstmuseum diesen Fragen in einer Sonderausstellung «Woher kommst du?»

 

 

Ausstellungsplakat

 

 

Dabei geht aber nicht nur um Nazis und Raubkunst.
Die Ausstellung befasst sich auch ganz allgemein mit musealen Dingen und lässt das Publikum etwas hinter die Kulissen blicken.

 

«Woher kommst du?» meint auch: Wie kommt ein Kunstwerk überhaupt ins Museum? Da gibt es dann durchaus überraschende Antworten. Zum Beispiel: Wer weiss, was ein «Leftover» ist? Das sind Kunstwerke, die nach einer Ausstellung liegen geblieben sind und dann vom Museum solange «verwaltet» werden, bis der Eigentümer ermittelt ist (oder auch nicht). Manchmal gehen sie in den Besitz des Museums über.

 

Sicher ist: Bei weitem nicht alle Werke, die in einem Museum zu sehen sind, gehören diesem auch. Viele sind so genannte Dauerleihgaben. Diese Werke gehören Stiftungen oder Privatsammlern, die sie den Museen für eine bestimmte Zeit «ausleihen». Wie lange, wird in einem Vertrag geregelt.

 

Natürlich kaufen die Museen auch Werke, aber eher zeitgenössische, die (noch) erschwinglich sind. Die ganz berühmten kann sich heute kaum noch ein Museum leisten – die kosten Millionen.

 

Ein beachtlicher Teil der Werke, die den Museen gehören, stammen aus Schenkungen. Manchmal sind es ganze Sammlungen, die ein Privatsammler nach seinem Tod dem Museum per Testament überlässt.

 

Dann gibt es auch noch lebende Künstler, die Werke an Museen verschenken – auch zu ihrem eigenen Nutzen: So erreichen sie ein Publikum und der Wert des Künstlers oder dr Künstlerin steigt.

 

Die Ausstellung im Kunstmuseum Luzern geht solchen Fragen nach. Es ist ein kleiner nützlicher Exkurs in die Museologie. Aber nicht nur. So ganz nebenbei spült die Ausstellung auch beachtliche Werke aus dem Depot ans Tageslicht.

 

 

 

 

 

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>wie Basel mit Bildern aus der Nazi-Zeit umging

 

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Ferdinand Hodler (1853-1918).

Die Uhrmacherwerkstätte in Madrid, 1879.
Kunstmuseum Luzern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vassily Khmeluk (1903-1986). Porträt Dr. Walter Minnich, o.J., Kunstmuseum Luzern.

 

 

William Turner (1775-1851). 
The Rigi, Lake Lucerne, Sunset, 1842-43. Aquarell, 
24.7 x 36.2 cm. Wasserfarbe und Gouache auf Papier. Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

 

Ankauf durch das Museum

 

Sammeln gehört zur Aufgabe eines Kunstmuseums, um seinen Fundus ständig zu vergrössern.

 

Allerdings sind die Mittel für Ankäufe bei den meisten Museum beschränkt. Das Kunstmuseum Luzern hat gerademal ein jährliches Budget für Ankäufe von 50'000 Franken zur Verfügung. Damit fallen berühmte Werke vom internationalen Kunstmarkt schon mal weg – die kosten Millionen. Heisst: Das Museum ist auf Schenkungen von Künstlern, Privatsammlern, Stiftungen und der öffentlichen Hand angewiesen.

 

Beispiel eines Ankaufes ist das Porträt von

Vassily Khmeluk – es zeigt einen gewissen
Dr. Walter Minnich. Das Museum kauft das Bild im Jahr 1996. Und wer ist Vassily Khmeluk? Ein ukrainischer Maler, der in Paris tätig ist und dort 1986 auch stirbt. Kein Name, der Publikum anlocken kann. Aber das Bild ist erschwinglich. Und wer ist der porträtierte Walter Minnich? Ein Kunstsammler, der dem Museum Kunstwerke geschenkt hat. Mehr darüber unter >Schenkungen

 

Für Ankäufe, die über die 50'000 Franken hinaus gehen, muss das Museum flexibel nach Möglichkeiten suchen. Zum Beispiel fragt man das Publikum, ob es sich am Kauf eines Werkes beteiligen würde. So geschehen 2019 mit einem Werk des berühmten Romantikers >William Turner, Kostenpunkt stolze 800'000 Euro. Die eine Hälfte bringt die Gottfried Keller-Stiftung auf, die andere Hälfte stammt von der öffentlichen Hand und von Spenden privater Gönner. Aber dem Museum gehört das Bild trotzdem nicht. Offiziell ist dieser Turner nun Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Gottfried Keller-Stiftung, Bern.

 

 

Anton Henning (1964). Pin-up, 2019. Schenkung des Künstlers, 2023.

 

 

Irma Ineichen (1929). Selbst-porträt, 1954. Schenkung der Künstlerin, 1982.

 

 

Max Pechstein (1881-1955). Modellpause, 1925. Schenkung Walter und Alice Minnich, 1936.

 

 

Schenkungen ans Museum

 

Der Grundstock vieler Museen ist auf Schenkungen von ganzen Sammlungen aufgebaut. Manchmal werden sogar erst Museen gebaut, um eine Schenkung aufnehmen zu können. In solchen Fällen erklärt der Spender in seinem Vermächtnis meistens, dass er die Schenkung nur macht, wenn man (zum Beispiel die Stadt) dafür ein Museum baut.

 

Ein solches ist Beispiel das >Museum Ludwig Köln.

Alles beginnt 1976 mit einer grosszügigen Schenkung von 350 Werken des Sammlerpaars Peter und Irene Ludwig im Jahr 1976 an die Stadt Köln. Ein Dach über dem Kopf hat die Sammlung noch nicht. Doch der damals geschlossene Vertrag verpflichtet die Stadt, für die Kunstwerke ein eigenes Museum für moderne Kunst zu errichten, was diese dann auch tut.

 

Eine wichtige Quelle sind die Künstler selbst. Diese schenken den Museen immer wieder Werke. Dies durchaus auch mit der Absicht, dass ihre Arbeiten dem Publikum zugänglich gemacht werden. Dadurch steigt auch der Wert des Künstlers selbst.

 

Viele Schenkungen für Museen stammen von privaten Sammlern, die schon vor ihrem Ableben in einem Testament bestimmen, an welches Haus ihre Sammlung gehen soll.

 

Ein Luzerner Beispiel: Zwischen 1912 und 1936 trägt der Luzerner Arzt Dr. Walter Minnich eine starke Sammlung expressionistischer Kunst zusammen.
Der deutsche Expressionist Max Pechstein ist ein enger Freund des Sammlers. Die Kollektion enthält Gemälde von >Max Pechstein, Chaim Soutine und >Maurice de Vlaminck.

 

1937 übergibt Alice, die Tochter von Walter Minnich dem Kunstmuseum Luzern über fünfzig Werke der väterlichen Sammlung als Schenkung. Weitere 28 Bilder folgen 1990 aus dem Nachlass. Einige gehören heute zu den Ikonen der Luzerner Kunstsammlung.

 

 

 

Cuno Amiet (1868-1961). Sitzendes Mädchen, 1915. Dauerleihgabe durch BEST Art Collection, Luzern.

 

 

Ferdinand Hodler (1853-1918).
Die Uhrmacher-werkstatt in Madrid, 1879. Dauerleihgabe der Gottfried Keller-Stiftung, Bern.

 

 

Paul Signac (1863-1935). Notre Dame de Paris, 1910. Dauerleihgabe durch eine Privatperson.

 

Was ist eine Dauerleihgabe?

 

Wenn man durch ein Museum flaniert, geht man eigentlich davon aus, dass die Werke dem Museum gehören. Das trifft allerdings bei weitem nicht zu. Viele der gehängten Bilder sind nur geliehen. Auf «Dauer geliehen», aber nicht für ewig.

 

Die Bedingungen einer Dauerleihgabe werden vertraglich geregelt. Meistens ist sie befristet. Eine Mindestlaufzeit von zehn Jahren ist allerdings sinnvoll, damit sich der Aufwand für beide Parteien überhaupt lohnt. Das Museum verpflichtet sich, das Werk zu bewahren und dem Publikum zu zeigen.


Woher stammen die Werke, die den Museen als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt werden? In der Regel sind das Stiftungen, die öffentliche Hand oder private Kunstsammler.


In Luzern gibt es die Stiftung Best Art Collection, die sich für Ausbau und Erhalt der Sammlung des Kunstmuseums Luzern engagiert. Die Stiftung kauft regelmässig bedeutende Werke und übergibt sie dem Kunstmuseum als Deposita. >mehr

 

Ein Beispiel von Best Art Collection ist das
«Sitzende Mädchen» von >Cuno Amiet, das bereits 1939 ins Kunstmuseum Luzern kam.

 

Das Gemälde von >Ferdinand Hodler kam 1936 ins Kunstmuseum Luzern, als Dauerleihgabe der >Gottfried Keller-Stiftung. Diese Stiftung wird vom Bundesamt für Kultur (BAK) verwaltet, einer Behörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

 

Beim dritten Bild «Notre Dame de Paris, 1910» von >Paul Signac kam 2017 eine Dauerverleihung durch eine Privatperson zustande. Manchmal – zum Beispiel beim Ableben des Bildverleihers – kann aus einer Dauerleihgabe auch eine Schenkung werden.

 

 

 

Kaspar Meglinger (1595-1670). Die Jungfrau und der Tod. Teil der Spreuerbrücke, Tafel aus dem Totentanz-Zyklus, 1630.

 

Hans Holbein d.J. (1497-1543). Der Ritter Collatinus (Wandfragment 1517). Kunst-museum Luzern.

 

 

Leftover – was ist das?

 

Grundsätzlich ist ein Leftover etwas, das liegen geblieben ist oder vergessen geht. Das kommt auch bei Kunstwerken vor – zum Beispiel nach einer Ausstellung. Besonders dann, wenn es sich nicht um ein geschlossenes Werk handelt, sondern dieses aus mehreren Teilen besteht. Da bleiben oft Teile im Museum zurück. Diese werden manchmal später Eigentum des Museums.


Ein Leftover von kunsthistorischer Bedeutung sind die
Gemälde von Kaspar Meglinger (1595-1670) an der Luzerner Spreuerbrücke. Diese ist zwar nicht so berühmt wie die Kapellbrücke, aber sie enthält grossartige Kunstwerke wie die Serie Totentanz, entstanden in den Jahren 1626-32.

 

Als die Brücke durch ein Hochwasser zerstört wurde, verkürzte man im 19. Jahrhundert den Neubau. Von ursprünglich 67 Tafeln wurden nur noch 45 platziert, der Rest im Depot der städtischen Denkmalpflege unterbracht. 2009 wurden diese an einer Ausstellung im Kunstmuseum gezeigt – einige davon blieben zurück.

 

Ein Hauptwerk unter den Leftovers ist ein Wandbild-Fragment von >Hans Holbein d.J. (1497-1543) aus dem Jahr 1517. Es zeigt den Ritter Collatinus, der ursprünglich am ehemali­gen Hertenstein-Haus von 1517 prangte. Auch das ein Überbleibsel der Ausstellung von 2009 «Passagen und Relikte – vom Holbein-Wandbild bis zu Meglingers Brückenbildern».

 

 

 

>PDF Ausstellung Luzern 2024 «Woher kommst du?»

 

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