Ausstellung «Kahnweiler & Rupf –
eine Freundschaft zwischen Paris und Bern»

Kunstmuseum Bern 22.11.24 bis 23.3.2025

 

 

Der erste Sammler von
moderner Kunst in der Schweiz

 

Für das Kunstmuseum Bern ist das Sammlerpaar
Hermann und Margrit Rupf ein Glücksfall. Als eine der ersten Schweizer Privatsammler setzten sich die beiden Kunstliebhaber intensiv mit moderner Kunst auseinander. Noch weit vor allen anderen – bereits ab 1907. Zum Vergleich: Im Kunstmuseum Basel diskutierte man noch in den 1930er-Jahren, ob man sich überhaupt mit moderner Kunst befassen solle...

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Ausstellungsplakat

 

 

Ganz anders das Sammlerpaar Rupf. Dieses baute ab 1907 eine stolze Kollektion von Kubisten, Fauvisten und Abstrakten auf. Mit Werken von klingenden Namen wie Braque, Picasso, Klee, Kandinsky, Léger etc. 1954 wurde die Sammlung in eine Stiftung überführt, die bis heute im Kunstmuseum Bern deponiert ist.

 

 

Kahnweiler, der Galerist

 

Eine wichtige Rolle in der Sammlertätigkeit der Rupfs spielte der deutsch-französische Kunsthändler und Galerist Daniel–Henry Kahnweiler (1884-1979). Mit ihm pflegte Rupf eine lebenslange Freundschaft. Die beiden hatten sich schon als junge Männer um 1900 herum in Frankfurt kennengelernt, wo sie in derselben Bank eine Banklehre absolvierten.

 

1907 eröffnete Kahnweiler in Paris seine erste Galerie und Hermann Rupf war einer seiner ersten Kunden.

 

Ab 1920 hiess Kahnweilers Galerie «Simon» und ab
1939 «Galerie Louise Leiris» – politische Umstände machten diese Namensänderungen nötig. Der Name Kahnweiler ist bist heute berühmt für seine Rolle bei der Förderung der kubistischen Kunst (Picasso, Braque) und der französischen Avantgarde. Als einer der Ersten sicherte Kahnweiler Künstler finanziell ab, indem er ihnen Exklusivverträge anbot. Damit konnte er ihre Interessen vertrat und ihre Arbeiten auf den Markt bringen.

 

Kahnweiler war auch Kunsttheoretiker. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften. Sein bekanntestes Werk heisst «La Route du Cubisme» (1920). Dann gab er auch Biographien heraus wie «Juan Gris – Leben und Werk» (1946). Und 1963 seine «Confessions esthétiques» über die Rolle des Kunsthändlers. Darin vertritt er seine Vorstellungen zum idealen Kunsthändler: «Der Händler hat die Aufgabe, den Künstler vor dem Markt zu schützen, nicht ihn ihm auszuliefern».

 

 

 

Margrit Rupf, Daniel-Henry Kahnweiler,
unbekannte Frau, rechts Hermann Rupf.
Foto Kunstmuseum Bern.

 

 

 

Die wachsende Rupf-Stiftung

 

1954 überführten Hermann und Margrit Rupf einen Grossteil der Sammlung in eine Stiftung, die dem Berner Kunstmuseum anvertraut wurde. Nach dem Tod der beiden Stifter – Margrit Rupf verstarb 1961, Hermann Rupf 1962 - fand der restliche Teil der Sammlung definitive Aufnahme im Kunstmuseum Bern.


Die Stiftung bestand damals aus rund 300 Werken und wurde danach durch Ankäufe ständig ausgebaut. Ganz im Sinne des Sammlerpaares Rupf wurde sie mehrheitlich mit zeitgenössischen Werken ergänzt. Heute umfasst sie
über 900 Kunstwerke.

 

In den letzten Jahren fanden auch Arbeiten von Schweizer Künstler:innen Zugang zur Stiftung – wie Bernhard Luginbühl, Meret Oppenheim, Markus Raetz, Dieter Roth und Otto Tschumi sowie einigen Vertretern der >konkreten Kunst wie Richard Paul Lohse oder Max Bill. Aber auch Internationale kamen dazu: Ad Reinhard, Donald Judd, Joseph Beuys, Brice Marden, Joseph Kosuth, Lucio Fontana oder James Turrell.

 

 

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Titelbild

Juan Gris (1887-1927). Le Guéridon, 1923.

Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Berner Sammlerpaar Margrit und Hermann Rupf um 1925. Foto Archiv Rupf, Kunst-museum Bern.

 

 

Fernand Léger (1881-1955). Nature morte, 1922. Sammlung Rupf, Kunst-museum Bern.

 

 

Henri Laurens (1885-1954). Nu agenouillé, 1929. Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.

 

Wer ist das Berner Sammlerpaar Rupf?


Hermann Rupf (1880-1962) steigt 1905 in das Berner Mercerie-Geschäft Hossmann & Rupf ein – als Teilhaber. Dort lernt er Margrit Wirz kennen, die hier als Verkäuferin arbeitet. 1910 heiraten die beiden.

 

Und wie hat Rupf zur Kunst gefunden? Er macht

1901 bis 1903 in Frankfurt eine Banklehre – in der gleichen Bank, in der der vier Jahre jüngere Daniel-Henry Kahnweiler seine Ausbildung erhält. Vom Bankbusiness hält dieser aber nicht viel – ihn interessiert vor allem die Kunst. Seine Begeisterung dafür überträgt er auf Hermann Rupf. Es ist der Beginn einer lebenslangen Freundschaft.

 

Kahnweiler eröffnet 1907 in Paris eine Galerie und Rupf gehört zu seinen ersten Kunden. Ab 1910 reist das Sammlerpaar Hermann und Margrit Rupf immer wieder nach Paris, um sich bei Kahnweiler über die neuesten Trends zu informieren und in seiner Galerie Werke zu kaufen. Braque, Picasso, Derain, Léger, Gris, Masson, Klee.


Das Sammlerpaar Rupf kauft aber nicht nur Bilder. Als Förderer und Mäzene unterstützen die beiden auch Künstler. Mit vielen sind sie freundschaftlich verbunden.


Hermann Rupf ist auch als Kunstkritiker tätig und nimmt dadurch eine wichtige Rolle in der Verbreitung und Vermittlung zeitgenössischer Kunst ein. Seine Texte richten sich oftmals gegen die herrschende konservative Kunstpolitik. Rupf wird auch zu einem wichtigen Partner von Museen, indem er diese mit Leihgaben aus seiner Sammlung für Ausstellungen unterstützt.


1954 überführen Hermann und Margrit Rupf einen Grossteil der Sammlung in eine Stiftung, die dem Berner Kunstmuseum anvertraut wird. Nach dem Tod der beiden Stifter – Margrit Rupf verstirbt 1961, Hermann Rupf 1962 – findet der restliche Teil der Sammlung definitive Aufnahme im Kunstmuseum Bern und wird seither ständig erweitert.

Siehe auch >Spalte links.

 

 

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Porträt Daniel-Henry Kahnweiler, 1957. Von Pablo Picasso (1881-1973). Sammlung Rupf, Kunst-museum Bern.

 

 

Pablo Picasso (1881-1973). Tête de jeune fille 1929. Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.

 

 

Henri Laurens (1885-1954). Femme accroupie (Le torse), 1935. Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.

 

 

 

Wer ist der Galerist Kahnweiler?

 

Er kommt 1884 in Mannheim zur Welt und verbringt seine Jugend in Stuttgart. Dann macht er in Frankfurt eine Banklehre (während der er Hermann Rupf kennen lernt). Auf eine Bankkarriere hat er aber keine Lust – ihn interessiert vor allem die Kunst.

 

1907 eröffnet er in Paris eine kleine Galerie und nimmt Künstler wie André >Derain, Georges >Braque und Maurice >deVlaminck unter Vertrag.

 

1911 bietet er auch >Pablo Picasso einen Exklusiv-Vertrag an. Heisst: Der Galerist sichert damit den Künstler finanziell ab; der Künstler stellt dem Galeristen alle seine Werke zur Verfügung, um sie zu verkaufen.

 

Weitere Künstler folgen: Fernand >Léger, Juan Gris, Henri >Laurens, später auch Paul >Klee.

 

Dann bricht 1914 der Erste Weltkrieg aus. Kahnweiler zieht nach Bern ins Exil und kommt bei Hermann Rupf unter. Seine Pariser Galerie wird geschlossen. Die Bilder (rund 800 kubistische und fauve Werke) werden nach dem Krieg weit unter Wert versteigert.

 

Erst 1920 kehrt Kahnweiler nach Paris zurück und eröffnet zusammen mit André Simon die Galerie Simon in der Rue d’Astorg. Dabei unterstützt ihn Hermann Rupf finanziell: Rupf kauft seinem Freund als Starthilfe ein Haus in Paris-Boulogne. Die Zinsen dafür begleicht Kahnweiler über viele Jahre in Form von Kunstwerken.


1937 erhält Kahnweiler die französische Staatsbürgerschaft, aber weil er Jude ist, muss er sich während der Besetzung Frankreichs durch die Nazis (1940) versteckt halten. Die Leitung der Galerie übernimmt die Tochter seiner Frau, Louise Leiris, die Ehefrau des Schriftstellers Michel Leiris. Die Galerie läuft jetzt unter dem Namen Galerie Louise Leiris.

 

1957 eröffnet Kahnweiler mit der Ausstellung
«Pour saluer Picasso» die mit Louise Leiris gemeinsam geleitete neue Galerie in Paris. Vor allem wegen der Beziehung zu Picasso ist Kahnweiler als Galerist bis heute berühmt. Diese Galerie besteht immer noch: in der Rue de Monceau 47.

 

Daniel-Henry Kahnweiler stirbt am 12. Januar 1979 im Alter von 94 Jahren in Paris.

 

 

 

Highlights aus der Rupf-Sammlung (Ausstellung KM Bern 2024/25)

 

Georges Braque (1882-1963). Maisons à l'Estaque, 1908. Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.
 

 

Braque und die Maisons à l'Estaque

 

Hermann Rupf sammelt nicht nur Kunstwerke, sondern stellt sie auch Museen zur Verfügung – als Leihgaben. Dies geschieht oft durch die Vermittlung seines Galeristen Kahnweiler. Dieser rät ihm, seine Werke öffentlich zu machen und schreibt in einem Brief an Hermann Rupf: «Leihgaben sind für den Ruf einer Sammlung von grossem Wert».

 

So leiht Rupf 1933 der Kunsthalle Basel Werke für eine Braque-Ausstellung und im selben Jahr dem Kunsthaus Zürich für Ausstellungen zu Gris und Léger. 1936 stellt er Braques «Maisons à l'Estaque» dem MoMA in New York zur Verfügung. Für die berühmte Ausstellung «Cubism and Abstract Art».

 

 

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Pablo Picasso (1881-1973). Tête d'homme, 1908. Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.

 

Der Exklusiv-Vertrag mit Pablo Picasso

 

Kahnweiler ist für Picasso mehr als nur Galerist – er verkörpert für ihn eine wichtige Figur in seiner Künstlerkarriere. Zudem setzt sich Kahnweiler für die Entwicklung des >Kubismus ein und wird einer der wichtigsten Förderer dieses Kunststils.

 

Kahnweiler schliesst 1911 mit Picasso einen Exklusiv-Vertrag ab – eine damals noch unbekannte Form von Verträgen: Der Künstler überlässt dem Galeristen alle seine Werke zum Verkauf; der Händler wahrt die Interessen des Künstlers und sichert ihn finanziell ab.

 

Kahnweiler und Picasso entwickeln ein besonderes Vertrauensverhältnis zueinander. Selbst wenn der Galerist später sagt: «Picasso war nicht nur ein Genie und ein instinktiver Denker – er war auch ein schwieriger Mensch.»

 

Kahnweiler (1884-1979) wird 95 Jahre alt und überlebt Picasso um sechs Jahre.

 

 

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Juan Gris (1887-1927). Portrait de Josette Gris, 1916. Sammlung Rupf, Kunstmuseum Bern.

 

Juan Gris, der reine Klassiker


In den 1920er-Jahren holt Rupf eine repräsentative Gruppe von Gemälden des Kubisten Juan Gris in seine Sammlung. Die Empfehlung dafür kommt von seinem Freund und Galeristen Kahnweiler.

 

Kahnweiler hält grosse Stücke auf Juan Gris.
Er sagt von diesem, er sei der «reine Klassiker» (des Kubismus). 1940, als der jüdischstämmige Kahnweiler vor den Nazis aus Paris fliehen muss und in den unbesetzten Teil Frankreichs zieht, nutzt er die reichlich zur Verfügung stehende Zeit, um eine detaillierte Biographie über den Künstler zu verfassen: «Juan Gris – Leben und Werk». Die Monographie wird aber erst nach Kriegsende 1946 veröffentlicht.

 

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Paul Klee (1879-1940). Der Niesen, 1915. Sammlung Rupf, Kunst-museum Bern.

 

Freundschaft mit Paul Klee


Rupf lernt Paul Klee schon sehr früh kennen: 1913. Es entsteht eine enge freundschaftliche Beziehung.

Rupf ist einer der ersten Sammler, der Werke von Klee kauft – lange bevor dieser berühmt ist. Er kauft ihm aber nicht nur Bilder ab, sondern unterstützt ihn auch moralisch und finanziell. Paul Klee über Rupf: «Ein feiner Mensch, der die Kunst mit dem Herzen sieht.»

 

Auf Rupfs Vermittlung hin übernimmt Kahnweiler 1933 die Generalvertretung Klees. Rupf engagiert sich nach 1946 für die Erhaltung von Klees Nachlass.

 

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Wassily Kandinsky (1866-1944). Tension légère, 1935. Sammlung Rupf, Kunst-museum Bern.

 

Abstraktionen von Wassily Kandinsky


Die Beziehung des Kunstsammlers Rupf zu Kandinsky ist weniger eng als jene zu Klee. Sie beginnt in den frühen 1930er-Jahren und hat mehr geschäftlichen Charakter. Rupf sieht in Kandinsky die zentrale Figur der abstrakten Kunst und erwirbt eine Reihe seiner Werke für seine Sammlung.

 

Der Galerist Kahnweiler berichtet im Dezember 1944 in einem Brief an Hermann Rupf über Kandinskys Beerdigung. Mit seiner Witwe Nina Kandinsky bleiben Hermann und Margrit Rupf in Verbindung.

 

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Werke aus der Sammlung Rupf