Ausstellung «Geniale Frauen»
Kunstmuseum Basel vom 2.3. bis 30.6.24.

 

Die genialen Frauen

 

Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel geht einer spannenden Frage nach: Wurden Künstlerinnen tatsächlich über Jahrhunderte hinweg durch ihre männlichen Kollegen und durch die Gesellschaft unterdrückt?

 

 

 

 

 

Die Ausstellung kämpft nicht offen gegen diese heute weit verbreitete These der Unterdrückung an – sie tut das viel subtiler. Indem sie eine ganze Reihe von Frauen präsentiert, die diesem Narrativ der Unterdrückung so gar nicht entsprechen. Sie stellt Frauen vor, die trotz der männlich geprägten Welt erfolgreich ihren eigenen Weg als Künstlerinnen machten. Anerkannt und wertgeschätzt.

 

Niemand will bestreiten, dass es Künstlerinnen in den vergangenen Jahrhunderten schwerer hatten als ihre männlichen Kollegen. Legendäre Sprüche von Malern wie Ferdinand Hodler «Mir wei känner Wiiber» sollen nicht weg gewischt werden. Und es mag auch stimmen, dass in einigen Ländern die Frauen in Kunstakademien lange nicht willkommen waren.

 

Aber: Es gab auch Orte, in denen Frauen in Akademien studieren und manchmal sogar als Professorinnen lehren konnten. So in Italien und in den Niederlanden – und das schon im 17. Jahrhundert. Auch in Deutschland lehrte bereits 1776 eine Künstlerin als Professorin an einer Kunstakademie: >Catharina Treu in Düsseldorf.

 

Und in England war es eine Schweizerin, die es schon 1768 schaffte, sich in der «Männerwelt» zu behaupten: >Angelika Kauffmann. Sie war nichts weniger als Gründungsmitglied der Royal Academy in London.

 

Dazu gab es viele Frauen, die sich als selbständige Berufsmalerinnen durchzusetzen wussten. Ein schönes Beispiel ist die am französischen Königshof von Ludwig XVI hoch geachtete >Vigée-Lebrun, die in Versailles Königin Marie Antoinette porträtierte und später dann am Hof von Sankt Petersburg Mitglieder der Zarenfamilie. Die Künstlerin war nicht nur wertgeschätzt, sondern machte mit ihren Porträts auch ein Vermögen.

 

 

 

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Weiterführende Links
zum Thema Frauen in der Kunst

 

 

Ausstellungen

 

>Frauenpower

>Frauen erobern die Kunst

>Fantastische Frauen

>Close-up, Frauenporträts

>Frauenbilder durch die Jahrhunderte

>Hulda Zwingli Kollektiv

>Stellung beziehen (Kollwitz)

>Wenn du geredet hättest

 

 

 

Elisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842).

Porträtistin am französischen Königshof. 
Selbstporträt mit Strohhut, 1782. 
National Gallery London. (An der

Ausstellung in Basel nicht zu sehen).

 

 

Künstlerinnen

 

>Bailly Alice (1872-1938)

>Bourgeois Louise (1911-2010)

>Cahn Miriam (1949)

>Carriera Rosalba (1675-1757)

>Dahm Helen (1878-1968)

>Dumas Marlene (1953)

>Eisenman Nicole (1965)

>Ekblad Ida (1980)

>Exter Alexandra (1882-1949)

>Fleury Sylvie (1961)

>Fritsch Katharina (1956)

>Garner Pippa (1942)

>Gentileschi Artemisia (1593-1654)

>Gontscharowa Natalja (1881-1962)

>Grosse Katharina (1961)

>Haffter Martha (1873-1951)

>Hausner Xenia (1951)

>Hersberger Marguerite (1943)

>Herzig Charlotte (1983)

>Jung Florence

>Kahlo Frida (1907-1954)

>Kauffmann Angelika (1741-1807)

>Kollwitz Käthe (1867-1945)

>Kowanz Brigitte (1957)

>Lassnig Maria (1919-2014)

>Laurencin Marie (1883-1956)

>Lempicka Tamara de (1898-1980)

>Loewensberg Verena (1912-1986)

>Maurer Dora (1937)

>Modersohn-Becker Paula (1876-1907)

>Morisot Berthe (1841-1895)

>Morris Sarah (1967)

>Münter Gabriele (1877-1962)

>O'Keefe Georgia (1887-1986)

>Oppenheim Meret (1913-1985)

>Richier Germaine (1902-1959)

>Rist Pipilotti (1962)

>Roederstein Ottilie (1859-1937)

>Saint Phalle Niki de (1930-2002)

>Salcedo Doris (1958)

>Sekula Sonja (1918-1963)

>Taeuber-Arp Sophie (1889-1943)

>Valadon Suzanne (1865-1938)

>Verdier Fabienne (1962)

>Vigée-Lebrun (1755-1842)

>Walker Kara (1969)

>Warren Rebecca (1965)

>Werefkin Marianne von (1860-1938)

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Angelika Kauffmann (1741-1807).
Die Kinder von Lord Plymouth als Amor und Psyche, 1795. Bündner Kunstmuseum Chur.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Italienische Künstlerinnen

 

Elisabetta Sirani (1638-1665). Die büssende Maria Magdalena, 1663. Musée des Beaux-Arts Besançon.

 

Elisabetta Sirani (1638-1665). Omphale, 1660-61. Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden.

 

Elisabetta Sirani (1638-1665)

 

Auch wenn permanent wiederholt wird, dass Künstlerinnen jahrhundertelang unterdrückt worden seien, heisst das noch nicht, dass es auch stimmt.

 

In Italien und in den Niederlanden nahmen
Frauen schon ab dem 16. Jahrhundert anerkannte Stellungen als Malerinnen ein und wurden durchaus wertgeschätzt. Und es stimmt auch nicht ganz, dass Künstlerinnen keinen Zugang zu Akademien hatten. Elisabetta Sirani wurde sogar schon 1660 als vollwertiges Mitglied der Accademia di San Luca berufen.

 

>mehr über die Lukasgilde

 

Dass Frauen zu Malerinnen werden konnten, hängt aber nicht nur mit dem Zugang zu Kunstakademien zusammen. Sondern auch damit, dass viele
malende Väter
ihre Töchter schon als Kinder schulten und förderten, wenn sich diese als talentiert erwiesen.

 

Von den vier Schwestern Sirani war Elisabetta die Erfolgreichste. Besonders in den Bereichen Mythologie und Historienmalerei war sie stark. Ihre Werke von Omphale und Die büssende Maria Magdalena belegen das.

 

 

 

Lavinia Fontana (1552-1614). Selbstbildnis am Spinett, 1577. Accademia di San Luca, Rom.

 

Lavinia Fontana (1552-1614)

 

Auch Lavinia Fontana aus Bologna wurde von ihrem Vater Prospero geschult und gefördert.

 

Aber nicht nur das: Sie war auch auserkoren, sein Atelier zu übernehmen. Zudem suchte er für seine Tochter eine strategisch vorteilhafte Verheiratung in den Adelsstand (!) und half ihr dann erst noch dabei, ihren künstlerischen Wirkungskreis zu erweitern.

 

Vor der Unterzeichnung des Ehevertrages schenkte die Malerin ihrem künftigen Schwiegervater Severo Zappi zwei kleine Selbstbildnisse. Eines davon ist vermutlich dieses Bild, das sie am Spinett zeigt.

 

 

 

Marietta Robusti
(La Tintoretta, 1551-1590). Selbstporträt mit Madrigal, 1580. Gallerie degli Uffizi, Firenze.

 

 

 

 

Marietta Robusti – La Tintoretta (1551-1590)

 

Marietta ist die Tochter eines ganz berühmten Venezianers: >Jacopo Tintoretto (1518-1594). Sie ist ein uneheliches Kind, das er mit einer deutschen Frau gezeugt hat. Mit seiner späteren Ehefrau Faustina hatte er dann weitere acht Kinder.

 

Marietta muss als Malerin sehr begabt gewesen sein. Sie arbeitete in der Werkstatt Tintorettos und passte ihren Malstil so perfekt an den ihres Vaters an, dass Zuschreibungen bis heute schwierig sind.

 

Das «Porträt am Madrigal» von 1580 wurde erst seit 1675 als ihr Selbstbildnis anerkannt. Zuvor schrieb man es als «Porträt einer Dame» noch Tizian (!) oder ihrem Vater Tintoretto zu. Marietta präsentiert sich hier nicht als Malerin, sondern als Frischvermählte, die ihren Gatten anspricht, und zugleich als musisch Begabte.

 


 

Niederländische Künstlerinnen

 

Catharina van Hemessen (1528-1565). Selbstporträt an
der Staffelei, 1548. Kunstmuseum Basel.

 

Catharina van Hermessen (1528-1565)

 

Auch in der niederländischen Malerei wirkten Frauen schon früh mit. Catharina van Hemessen spezialisierte sich im Atelier ihres Vaters Jan Sanders (1500-1566) auf die Porträtmalerei.

 

Sie war so begabt, dass sie in den Genuss der Förderung durch die Regentin der Niederlande kam, der Erzherzogin Margarete von Österreich (1480– 1530). Diese war die erste bedeutende Kunstsammlerin des Hauses Habsburg.

 

Das kleine Selbstporträt ist die früheste erhaltene Darstellung der Arbeit an der Staffelei. Catharina arbeitet auf dem Bild gerade am Porträt ihrer Schwester Christina.

 

 

 

Judith Leyster (1609-1660). Zwei Musiker, 1630. Privatbesitz. Ausstellung KM Basel 2024.

 

Judith Leyster (1609-1660)

 

Als Genremalerin schaffte Judith Leyster die Aufnahme in die Lukasgilde von Haarlem, wo sie einige Jahre lang ihre eigene Werkstatt führte, Schülerinnen ausbildete und sich gegenüber ihren männlichen Malerkollegen behauptete.


Leyster stammte im Gegensatz zu van Hemessen nicht aus einer Künstlerfamilie. Ihren Eltern war es jedoch finanziell möglich, die Talente der Töchter früh zu fördern und ihnen Ausbildungen zu bieten.

 

Allen drei Frauen bot die liberale niederländische Gesellschaft der frühen Neuzeit Möglichkeiten zur Ausübung ihrer Kunst.

 

 

 

Maria van Oosterwijck
(1630-1693). Blumenbouquet in einer Glasvase, 1685. Statens Museum for Kunst, Kopenhagen.
 

 

 

 

Maria van Oosterwijck (1630-1693)

 

Ihr Vater war ein portestantischer Pfarrer. Bereits in ihrer Kindheit erkannte er die besondere Begabung seiner Tochter und schickte sie dem Stilllebenmaler Jan Davidsz. de Heem (1606–1684) in die Lehre. Sie befasste sich vor allem mit Blumenstücken.

 

1666 zog sie nach Amsterdam und lernte dort die Kunst der Stillleben bei Willem van Aelst. In Amsterdam arbeitete sie als eigenständige Malerin und erlangte internationale Bekanntheit. So soll der Grossherzog der Toskana, Cosimo III, bemerkt haben, dass «ihre Stillleben mindestens so gut wären wie jene van Aelsts». Tatsächlich führte sie diese mit viel Akribie aus. Erworben wurden sie u.a. auch von Ludwig XIV, von Wilhelm III von England und von Leopold I, Kaiser des hl. römischen Reiches.

 

 

 

Künstlerinnen Schweiz und Deutschland

 

Angelika Kauffmann (1741-1807). Die Kinder von Lord Plymouth als Amor und Psyche, 1795. Bündner Kunst-museum Chur.

 

Angelika Kauffmann (1741-1807)

 

Sie ist der berühmteste Beleg dafür, dass Frauen als Künstlerinnen nicht überall unterdrückt wurden. Die Schweizerin Angelika Kauffmann wurde sogar Gründungsmitglied der Royal Academy London. Gleichzeitig war sie auch Mitglied mehrerer Akademien in verschiedenen Ländern.

 

Angelika Kauffmann wurde in Chur geboren und wuchs in Como auf. Ihre Eltern unterrichteten das mit vielen Talenten gesegnete Mädchen in mehreren Sprachen, zudem in Musik und Malerei.

 

 

>mehr über Angelika Kauffmann

 

 

 

Anna Barbara Abesch (1706-1773). Joseph und Potiphars Weib, 1739. Museum Sankturbanhof, Sursee.

 

 

Anna Barbara Abesch (1706-1773)

 

Sie kam in Sursee LU zur Welt und war eine Tochter von Johann Peter Abesch.

 

Sie machte sich als Hinterglasmalerin einen Namen und führte diese Kunst zur Hochblüte. Sie soll auf diesem Gebiet sogar ihren Vater übertroffen haben.

 

In dieser Nische der Hinterglasmalerei arbeitete sie zeitlebens als unabhängige Künstlerin. Aufträge erhielt sie vor allem von Klöstern, darunter Einsiedeln, Engelberg, Eschenbach, Fischingen,
Muri, Seedorf und St. Urban.

 

Anna Waser (1678-1714). Selbstportät mit 12 Jahren, das Bildnis ihres Lehrers Johann Sulzer malend, 1691. Kunsthaus Zürich.
 

 

 

Anna Waser (1678-1714)

 

Die Zürcherin gilt als eine der frühesten namentlich bekannten Schweizer Künstlerinnen und war als Miniaturmalerin über die Landesgrenzen hinaus gefragt.

 

Ihre künstlerische Ausbildung erhielt sie im Alter von 12 bis 16 Jahren in Bern. Dort besuchte sie die private Kunstschule des Historienmalers Joseph Werner (1637-1710).

 

Ihr Selbstporträt kombiniert sie mit einer Abbildung ihres ersten Lehrers Johannes Sulzer und dem Text «Durch Anna Waser v Zürich / im 12 jar ihres Alters gemâlt / Anno 1691.». Das erinnert etwas an das Selbstporträt im Pelzrock von >Albrecht Dürer, in dem er sich als Maler preist mit den Worten:

«So schuf ich, Albrecht Dürer aus Nürnberg, mich selbst mit charakteristischen Farben im Alter von achtundzwanzig Jahren».

 

 

Catharina Treu (1743-1811) und ihr Bruder Nicolaus Treu (1734-1786). Bildnis der Catharina Treu mit Früchtekorb, 1771. Museum der Stadt Bamberg.

 

 

Catharina Treu (1743-1811)

 

Sie widerlegt die These, dass in Deutschland bis nach dem Ersten Weltkrieg (also 1919) Frauen keinen Zutritt zu Akademien hatten. Catharina Treu war das erste weibliche Mitglied einer Kunstakademie im deutschsprachigen Raum – als Professorin an der Kunstakademie Düsseldorf. Und das 1776.

 

Es war der Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (1724-1799), der sie am 15. Februar 1776 zum Mitglied der Akademie ernannte. Catharina Treu war dann bis 1786 unterrichtende Professorin.

 

Ihr künstlerischer Werdegang: Sie und ihre Brüder Nicolaus und Christoph wurden von ihrem Vater ausgebildet, dem Bamberger Maler Marquard Joseph Johannes Treu (1712-1796).

 

Dieses Gemälde ist ein gemeinsames Werk von Catharina und ihrem Bruder Nicolaus. Er porträtierte sie, und sie zeigt mit dem Finger auf ein Stillleben, das sie ins Bild eingefügt hat.

 

 

 

 

>Ausstellungen im Kunstmuseum Basel